HEBRÄER 9, 15. 26b-28;    PREDIGT:

 

„ Jesus Christus ist der Mittler des neuen Bundes, damit durch seinen Tod, der geschehen ist zur Erlösung von den Übertretungen unter dem ersten Bund, die Berufenen das verheißene, ewige Erbe empfangen. Am Ende der Welt, ist er ein für allemal erschienen, durch sein eigenes Opfer die Sünde aufzuheben. Und wie den Menschen bestimmt ist, einmal zu sterben, danach aber das Gericht: so ist auch Christus einmal geopfert worden, die Sünden vieler wegzunehmen; zum zweiten Mal wird er nicht der Sünde wegen erscheinen, sondern denen, die auf ihn warten, zum Heil. “

 

Durch das vollbrachte Opfer Jesu am Karfreitag haben wir sein Testament bekommen. Darin ist uns die Vergebung für unser ganzes Leben zugesprochen. Gleichzeitig hat er uns darin ein Erbe hinterlassen, durch das wir ewig, über unseren Tod hinaus, bei Gott sein dürfen.

Unsere Waage der Gerechtigkeit hat sich erst durch Karfreitag geändert. Vorher waren alle Menschen durch den Sündenfall Verlorene und Verdammte. Durch das Opfer Jesu hat unser Leben wieder das rechte Gewicht und den rechten Sinn bekommen. Dadurch sind wir als Christen wieder Angenommene; sind wir wieder hoffähig bei Gott. Wer sich von Christus retten lässt, wird nicht mehr zu leicht befunden. Seine Waage der Gerechtigkeit hat sich zu seinen Gunsten geändert.

Karfreitag ist das Gegenstück zum Sündenfall; der Versöhnungstag für die lebendige Gemeinde Jesu Christi. So wie Karfreitag ganz nahe an Ostern liegt, so können wir beides nicht trennen. Ostern hätte ohne Karfreitag nicht stattgefunden. Dennoch soll dies noch keine Osterpredigt sein. Sondern dieser Predigttext will uns den Ernst unserer Lage vor Augen malen: Ohne den Tod Jesu gibt es für uns Menschen keine Erlösung. Gerade Karfreitag beinhaltet den zentralen Kern unserer christlichen Botschaft. Es ist die Botschaft vom Kreuz Jesu Christi, darin die Kraft Gottes enthalten ist, all die selig zu machen, die daran glauben. So sagt es Paulus im Korintherbrief. Und im Römerbrief sagt er: Wie nun durch die Sünde des einen (Adams) die Verdammnis über alle Menschen gekommen ist, so ist auch durch die Gerechtigkeit des einen (Jesus) für alle Menschen die Rechtfertigung gekommen, die zum Leben führt. Denn wie durch den Ungehorsam des einen Menschen die vielen zu Sündern geworden sind, so werden auch durch den Gehorsam des einen die vielen zu Gerechten. Wo die Sünde mächtig geworden ist, da ist doch die Gnade noch viel mächtiger geworden. Damit, wie die Sünde geherrscht hat zum Tode, so auch die Gnade herrsche durch die Gerechtigkeit zum ewigen Leben durch Jesus Christus, unseren Herrn.

Die beiden Kapite1 9 und 10 des Hebräerbriefes handeln von dem einmaligen Opfer Jesu Christi, das zu einem Bekenntnis unserer Hoffnung geworden ist. Es ist dadurch unser größtes Menschheitsproblem gelöst worden. Alle, die nach Karfreitag leben, und dazu gehören ja auch wir, haben das große Vorrecht, im neuen Bund Gottes leben zu dürfen. Jesu letzte Aussage war: Es ist vollbracht! Was sonst kein Mensch geschafft hat, das hat er vollbracht. Er hat die ganze Verderbnis und Verlorenheit des Menschen durchbrochen und einen Weg hindurch geebnet und gebahnt. Seitdem gibt es eine Brücke über den Abgrund unserer Verdammnis hinüber zum Leben. Wir kommen in den Genuss dessen, das Jesus vollbracht hat.

Im Predigttext heißt es, dass "am Ende der Welt" Jesus dazu erschienen ist. Das dürfen wir geistlich verstehen: Damit ist die Verlorenheit des Menschen ans Ende gekommen und etwas total Neues für die geworden, die es wollen und annehmen. Wenn wir nur wollen, das Opfer Jesu annehmen, dann ist für uns die Hauptentscheidung zum ewigen Leben gefallen, daran nicht mehr zu rütteln ist.

An Karfreitag erfüllt sich die Verheißung des Simeon: Dieser ist gesetzt zum Fall und zum Aufstehen für viele in Israel. Er ist der Prellbock der Geschichte. Für die Weltgeschichte ist er gestorben. Und dadurch hat die Weltgeschichte ihr Schicksal bestätigt. Für die Heilsgeschichte ist er der Verursacher des ewigen Heils geworden. An unserem Verhältnis zu Jesus wird unser Leben gewogen, gemessen und beurteilt. Auch wir Menschen heute sind mit schuld am Tode Jesu. Aber auch diese Schuld hat er mit ans Kreuz hinaufgetragen und gesühnt. So sind wir mit unserer Jesus- Nachfolge Nutznießer des Karfreitags.

Dadurch sind uns zwei große Geschenke gegeben; so wie die Erlösung zweierlei beinhaltet: 1) Die Vergebung und 2) das geerbte Heil.

 

1) Das erste Geschenk: Die Vergebung. Dreimal ist das in unserem kurzen Text genannt: Jesus schenkt uns die Erlösung von unseren Übertretungen. Er hat durch sein eigenes Opfer unsere Sünde aufgehoben. Er ist einmal geopfert worden, um unsere Sünden wegzunehmen! Die Macht der Sünde ist gebrochen und weggenommen. Was heißt das alles für unser Leben?

Wir müssen zuerst einmal einsehen, dass wir Sünde haben. Wer noch sagt, dass seine Sünde nicht von so großem Gewicht sei; und Gott werde seinen Abfall, seine Verfehlungen nicht so schrecklich ernst nehmen, der beansprucht noch nicht das Opfer Jesu. Wer seine Sünde übersieht, herunterspielt und verharmlost, dessen Leben ist noch schwer geschädigt; der steht noch in tiefster innerster Gefangenschaft unter der Gewalt der Sünde, des Teufels und des Todes. Er ist noch nicht befreit vom finsteren Fluch und Bann. Er übersieht Gott, er ignoriert ihn, er verdrängt ihn und schiebt ihn weit weg. Für ihn ist der Weg zu Gott versperrt. Diese Möglichkeit seiner Gemeinschaft mit Gott ist zerstört. Sein Leben steht noch unter dem Einfluss des Bösen.

Auch wir Christen können wieder in dieses Stadium zurückfallen. Ein äußeres Zeichen ist dann meistens darin gegeben, dass wir uns über andere erheben.

Wenn wir vor Gott und im letzten Gericht bestehen wollen, dann brauchen wir unsere Sündenerkenntnis und das Sündenbekenntnis. Ohne diese Vergebung Jesu sind wir ewig verloren; mit ihr sind wir ewig gewonnen.

Wenn wir das Ganze malen würden, dann müsste ein Bild mit einem dunklen, schwarzen Hintergrund und einem hellen, freundlichen Vordergrund entstehen. Und irgendwo auf diesem Bild müsste ein Durchschlupf vorhanden sein, der mein Sündenbekenntnis unter dem Kreuz mit meiner Lebensübergabe an den Herrn des Lebens darstellt.

Diese Sündenvergebung ist in unserem Leben deshalb so wichtig, weil Gott zwar für uns Sünder ist, er uns Sünder will; aber er will unsere Sünde gesühnt wissen. Deshalb mussten im Alten Testament so viele Tiere geopfert werden, die aber alle erst im Opfer Jesu ihre Rechtskraft empfingen. Auch das ist in unserem Predigttext genannt: Durch Jesu Tod ist die Erlösung von den Übertretungen unter dem 1. Bund geschehen. Uns, die wir im Neuen Bund leben, genügt das einmalige Opfer Jesu. Nehmen wir seine Vergebung in Anspruch, dann ist in unserem Leben die Macht der Sünde gebrochen und der Zorn des Vaters verflogen. Das höchste Gericht ist ja nicht das Bundesverfassungsgericht, sondern das letzte Gericht Gottes. Wer Jesu Vergebung beansprucht, für den ist der Freispruch von der Verurteilung rechtsgültig geworden. Für ihn gilt der helle Vordergrund des Lebensbildes, wenn er sich nicht wieder selbst in die dunkle Seite zurück versetzt.

Das Opfer Jesu ist einmalig und endgültig. Er ist unser Hauptzeuge im letzten Gericht. Diese seine Erlösung genügt. Es ist keine Zusatzerlösung nötig. Er starb ja nicht für sich, sondern für uns. Gerade das ist die Einmaligkeit seines Opfers und der Unterschied zu allen anderen Opfern, Getöteten und Gekreuzigten. Im Tod Jesu schlägt uns das Herz Gottes entgegen, das uns sucht und liebt.

Für uns Menschen beginnt mit unserer Lebensübergabe an Jesus ein Prozess der Heiligung unseres Lebens. Wir können ja nicht sündlos leben, das geht nicht. Aber das "ein für allemal" des Karfreitags löst ein immerwährendes jetzt aus: Heute, so ihr seine Stimme hören werdet, so verstockt eure Herzen nicht. Es gibt im Neuen Testament einen Vollkommenheitsbegriff, der niemals unsere Sündlosigkeit meint, sondern unsere tägliche Einwilligung in den Weg Gottes, unser tägliches Einschlagen in die geöffnete Hand Gottes, unsere tägliche Einfindung in die Nachfolge, unsere tägliche Ausrichtung auf das Ziel Gottes, das tägliche Sterben unseres Alten Adams und das tägliche Auferstehen des Neuen Adams. Unsere Taufe bedeutet, dass wir täglich auf Verderb und Gedeih in Christi Tod und Auferstehen zusammengespannt sind.

Heiligung, Erziehung ist schon deshalb nötig, weil es nicht Gottes Art ist, dass er alle seine zwei Augen zudrückt, er uns aber ganz mit den Erlösungskräften Jesu beschenken will. Es ist eigenartig, aber wahr: Wo wir meinen, dass alles aus ist, schafft Jesus etwas total Neues. Je tiefer wir in die Tiefen des Lebens abtauchen, uns darunter stellen, umso größer steht die Kraft Christi vor uns. Je größeres Leid wir erleben, desto stärker erfahren wir die Hilfe und den Beistand Jesu. Die Not, das Leid, die Tiefe, die Nacht vergehen wieder, letztlich auch der Tod, aber Jesus und unsere innersten Erfahrungen mit ihm bleiben bestehen. Über all dem, das täglich geschieht, dürfen wir Jesu Erlösungswerk glauben, zusammen mit der Heiligung unseres Lebens. Beides ist eine ganzheitliche Sache unter der Vergebung Jesu.

 

2) Das zweite Geschenk beim Testament Jesu: Er verheißt uns ein ewiges Erbe: Wenn er zum zweiten Mal auf diese Erde kommen wird, wird er denen, die auf ihn warten, zum Heil erscheinen; so heißt es in unserem Predigttext.

Unser Lebenswerk, unser Lebenskampf ist nicht umsonst, sondern sehr wesentlich. Aber nicht deshalb, weil wir uns das Heil verdienen könnten; sondern weil wir das Heil geschenkt bekommen, lohnt sich jeder gottgewollte Einsatz unseres Lebens.

Am besten kann man das damit ausdrücken: Von Jesus bekommen wir neben der millionenfachen Vergebung ein himmlisches Bankkonto in millionenfacher Höhe anvertraut, von dem wir täglich abheben dürfen. Und wir werden nie erleben, dass dieses Konto leer, sondern im Gegenteil immer voller wird, je mehr wir davon abheben.

Die Befreiung vom Vergangene, bedeutet zugleich die Eröffnung des Zukünftigen. Und das Zukünftige ist letztlich wieder die Herstellung des ursprünglichen Zustandes des Menschen. Für die gläubige Gemeinde steht am Tor des Paradieses kein Engel mehr, der uns abweist. Sondern für sie ist dieses Tor offen.

Damit ist das genannt, was die Bibel mit der Erneuerung unseres Lebens bezeichnet: Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur, das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden. Christus selbst sagte: Siehe, ich mache alles neu. Wer überwindet, der wird es alles ererben, und ich werde sein Gott sein und er wird mein Sohn sein. Unser Leben bekommt solche Neuausrichtung auf Gott hin, dabei alles anders wird.

Wo sonst Menschen sagen, dazu bringen mich keine 10 Pferde; - dazu sind wir bereit. Wo sonst Menschen sagen, ich müsste dumm sein, so zu leben; - so leben wir Christen. Was sonst nie einen Menschen begeistern kann, dazu sind wir bereit.

Ist nicht der Karfreitag auch dafür ein Zeugnis: Aus Liebe zu seinem Vater und zu uns war Jesus zu diesem Weg bereit; und nach Vollendung zerriss der Vorhang zwischen dem Heiligtum und dem Allerheiligsten. Somit ist der Zugang zum Vater frei. Die Juden hatten damals den Vorhang schnell wieder zusammengenäht. Wir Christen hüten uns, das zu tun und freuen uns dieses geöffneten Zuganges und schämen uns nicht mehr unserer Gotteskindschaft.

Für diese Welt gilt, dass es nichts Neues gibt, es geht dem Untergang zu. Für uns Christen ist das aber anders. Für uns ist der Ewigkeitsanfang in Jesus Christus das täglich Neue. Jesu Tod ist nicht das Ende, sondern der Anfang; ist nicht die Niederlage, sondern der Sieg. Jesus garantiert für diesen Neuen Bund, er haftet dafür.

Der Alte Bund hat ein irdisches Erbe verheißen, der Neue Bund dagegen ein ewiges Erbe. Jesus schenkt die Erfüllung unwandelbarer Verheißungen.

Die Berufenen empfangen das verheißene Erbe. An anderer Stelle sagt Jesus: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten. Jesus ist da schon eingegangen, was uns noch als das Verheißene vor uns liegt. Aber es liegt in ganz echter Weise vor uns. Wir gehen darauf zu. Wie Pilger sind wir darauf zu unterwegs. Und diese Zukunft, diese Hoffnung ist nicht eine tote, sondern eine sehr lebendige Sache. Deswegen beten wir zu Gott. Deswegen nehmen wir Gottes Wort in unser Leben auf. Deswegen erleben wir im Abendmahl die Gegenwart Jesu. Unser ganzes Leben ist von dieser Zukunft Gottes umschlossen. Wir sind nie mehr alleine gelassen. Wir leben mit dem zusammen, dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben ist.

Wir müssen uns von dem, das ich jetzt sage, die Umkehrung denken: Es gibt keine Auferstehung ohne den Tod und keine Herrlichkeit ohne das Kreuz. Gerade darin liegt der große Trost, denn für uns Christen gibt es keinen Tod mehr ohne die Auferstehung und auch kein Kreuz mehr ohne die Herrlichkeit. Wir Christen dürfen alle Zusammenhänge mit dem allumfassenden Heil Gottes sehen. Tut sich uns irgendwo eine Klippe auf, dann zeigt uns Jesus den Steg, der darüber führt. Wir gehen letztlich aufs Ganze, aufs Endgültige, aufs Ewige. Der Einsatz unseres Lebens, ja jeder Einsatz unseres Lebens, bis hin zum gottgewollten Tod, ist sinnvoll, weil wir dafür ein lohnenswertes Geschenk Gottes bekommen. Das im geistlichen Sinne recht gelebte Sterben unseres eigenen Ich's bewirkt das verheißene ewige Erbe: Wer sein Leben erhalten will, der wird's verlieren, wer aber um Jesu willen sein Leben verliert, der wird's erhalten zum ewigen Leben.

Diese lebendige Hoffnung dürfen wir haben, dass Jesus alles so führt und bereitet, damit wir auf den Tag seiner Wiederkunft zugehen dürfen und sein Heil bekommen. Denn wir haben seine Verheißungen für das ewige Heil.

 

Durch Karfreitag steht uns im Testament Jesu beides zu: Die Vergebung und das ewige Erbe seines Heils. Die Lage und Waage der Weltgeschichte hat sich durch den von Jesus durchgangenen Karfreitag zu unserem Besten gewendet. Wo vorher durch den Sündenfall alles verloren war, ist uns durch diese Versöhnung wieder geschenkt und gegeben. Am Ostersonntag wird das von Gott, unserem Vater, bestätigt. Vor 2000 Jahren ist das ein für allemal geschehen. Heute liegt es nun an uns, ob wir dieses Angebot annehmen oder für uns brach liegen lassen. Die Botschaft vom Kreuz ist eine Gotteskraft, die da selig macht alle, die daran glauben.