RÖMER  1,14-17;   1. PREDIGT:

 

" Ich bin ein Schuldner aller, der Weisen und der Nichtweisen; darum, soviel an mir liegt, bin ich willens, auch euch das Evangelium zu predigen. Denn ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben. Denn darin wird offenbart die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben."

 

Die größte erlebbare Sensation seit 2000 Jahren wird uns mit unserem Glauben an Jesus Christus geschenkt. Jegliche sonstige Begeisterung und noch so großer Idealismus wird zerschlagen und vergeht. Nur die Inhalte unseres Glaubens sind im Wachstum begriffen.

Christsein ohne Glaube ist nicht nur stinklangweilig; sondern damit befinden wir uns auf einem sinkenden Schiff. Christsein mit Glaube ist so etwas, wie es Noah erlebte: Damit befinden wir uns genauso wie alle Menschen mitten im Verderben; aber ein paar Zentimeter Holz trennen uns davon. Wir sind in das rettende Schiff umgestiegen. Die Wellen des Verderbens dürfen uns nicht mehr verschlingen, sondern sie müssen uns tragen. Und diese Tatsache schenkt uns im täglichen Leben größte Lebendigkeit. Gleichzeitig dürfen wir durch diesen Glauben Schleusen des Evangeliums sein. Damit haben wir eine Botschaft zu bringen, die die Menschen anspricht und sie ebenfalls zum Glauben ruft.

Unser Predigttext ist die Überschrift zum Römerbrief, in dem es Paulus um die Gerechtigkeit geht, die uns allein aus dem Glauben heraus geschenkt wird. Gerade im Römerbrief entfaltet Paulus diese Tatsache bis in die kleinsten Anliegen unseres Lebens hinein.

Denken wir an unseren Reformator Dr. Martin Luther. Wie hat er um das rechte Verständnis des Evangeliums gerungen, bis ihm die Aussage verständlich wurde, die auch in unserem Predigttext steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben. Damit konnte er alles ängstliche Gesetzesdenken über Bord werfen und voll Vertrauen in den Aufträgen Gottes stehen.

Heute wird die Pluralität der religiösen und weltanschaulichen Bewegungen großgeschrieben und vielfach praktiziert. Wer aber ernsthaft von dem ihm begegnenden Gott getroffen, beansprucht und überwältigt ist, hat hier zu diesem Ganzen eine andere innere Einstellung. Er kann nicht mehr unverbindlich und beliebig leben. Sondern er tritt mit dem Anspruch der Verbindlichkeit auf, die allein Jesus Christus gilt. Er besteht darauf, dass uns allein Jesus die Wahrheit bringt und zeigt.

Allein aus diesem Grunde fühlt sich Paulus verpflichtet, diesen Brief an die Römer zu schreiben.

Unser Predigttext hat drei Anliegen: 1) Das persönliche Erlebnis unserer Rettung durch Jesus Christus. 2) Allein unser Glaube ist dabei wesentlich. 3) Wir dürfen Schleusen des Evangeliums sein.

 

1) Das persönliche Erlebnis unserer Rettung durch Jesus Christus; Vers 16: Ich schäme mich des Evangeliums nicht; denn es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben. Sagen wir dies einmal leger: Paulus protzt mit dem Evangelium als die Kraft Gottes, die uns Menschen gegeben ist.

Heute gibt es viele Menschen, die sich deshalb des Evangeliums schämen, weil sie ihren Glauben nicht ausdrücken können. Und sie meinen auch, dass dieser Glaube jedermanns Privatsache ist. So unternehmen sie gar nicht mehr den Versuch, mit anderen über ihren Glauben zu sprechen. Paulus sagt dazu, dass solche Menschen gar nicht in rechter Weise glauben. Denn ein recht gläubiger Mensch sprüht von dem über, was er selbst erlebt hat.

Die Kraft Gottes, "Dynamis" , bricht uns heraus aus der Macht der Sünde und rettet uns; macht uns selig. Rettung braucht man dann, wenn man hoffnungslos verloren ist, wenn es um Leben oder Tod geht. Z.B. eingeschlossene Bergleute, eingeklemmte Menschen in einem brennenden Auto oder schlafende Menschen in einem brennenden Haus müssen gerettet werden, sonst sind sie verloren. So gibt es auf geistlichem Gebiet eine Rettung durch Jesus Christus, deren man sich nicht mehr schämt, weil man das Leben neu geschenkt bekommen hat.

Warum haben wir eigentlich noch so viel Angst? Das müsste doch nicht sein! Jesus trägt uns durch die Fluten des Verderbens, wie es Noah erlebte. Er gibt uns den Freimut, wie es Paulus und Luther hatte. Diese Kraft Gottes gilt auch uns heute.

Kennen wir diese inneren Kräfte, die uns täglich fröhlich aus dem Bette springen und ans Tagwerk gehen lassen?!! Kennen wir diese inneren Kräfte, durch die wir keine Mühen scheuen, und seien sie noch so groß?!! Kennen wir diese inneren Kräfte, mit denen wir klaren Sinnes unsere von Gott geführten Wege gehen und uns keine Schwierigkeit davon abhalten kann?!! Ich selbst kann es fast nicht verstehen, aber Hiob konnte in seinen größten Bedrängnissen den Zuspruch annehmen: Gott reißt auch dich aus dem Rachen der Angst in einen weiten Raum, wo keine Bedrängnis mehr ist! Kennen wir diese inneren Kräfte?!!

Natürlich sind diese inneren Kräfte kein sicherer Besitz; das wäre falsch verstanden. Aber sie gehören zum täglichen Angebot Gottes. In der freien Wirtschaft wird das Angebot durch die Nachfrage geregelt: Je mehr Nachfrage vorhanden ist, umso mehr gibt es im Angebot. Diese inneren Kräfte Gottes werden durch unsere Nachfolge geregelt: Je mehr Nachfolge vorhanden ist, umso mehr gibt uns Gott diese Kräfte. Und nur diese Kräfte nehmen uns alle Furcht, Angst, Verzagtheit, Feigheit, Erstarrung und Lähmung; aber auch alle Kritik, alles Aufbegehren und negatives Verhalten.

Diese inneren Kräfte machen uns zwar nie selbstsicher, aber doch sicher in Gott; gesichert in Gottes Seilen. Damit kann man in den gefährlichsten Klüften stehen und stecken und doch hält uns Gott; und deshalb werden wir nicht zuschanden.

Wesentlich dabei ist das persönliche Erlebnis unserer Rettung durch Jesus Christus. Das ist neben einem grundsätzlich einmaligem Erlebnis genauso ein tägliches Erlebnis.

 

2) Dabei ist allein unser Glaube wesentlich, Vers 17: In diesem Erlebnis der Rettung wird die Gerechtigkeit offenbart, die vor Gott gilt, welche kommt aus Glauben in Glauben; wie geschrieben steht: Der Gerechte wird aus Glauben leben.

Zur Zeit Jesu war das etwas total Neues, dass die Gerechtigkeit niemals durch Leistung, Können oder gar durch Gewalt kommt, sondern allein durch den Glauben. Deshalb konnte Jesus zu seinen Jüngern sagen: Wenn eure Gerechtigkeit nicht besser ist als die der Schriftgelehrten und Pharisäer, dann könnt ihr nicht in das Himmelreich kommen.

Paulus hatte das in seinem Leben selbst erlebt, der ja als Pharisäer mit deren Gerechtigkeitsverständnis die Christen verfolgte. Aber dann hatte ihn Christus in Damaskus eingeholt und hatte ihm diese Gerechtigkeit gezeigt, die allein aus dem Glauben kommt. Und Paulus macht diese Erkenntnis zum Grundstock seiner ganzen Theologie. Deswegen sind uns die Paulusbriefe so wichtig. Seine diesbezügliche Hauptaussage steht im 3. Kapitel: So halten wir nun dafür, dass der Mensch gerecht wird ohne des Gesetzes Werke allein durch den Glauben.

Als Dr. Martin Luther diese Wende mit der Aussage: "Der Gerechte wird seines Glaubens leben" erlebte, sagte er dazu: Da fühlte ich mich geradezu neu geboren, und es war mir, als trete ich, nachdem Pforten aufgegangen sind, selbst ins Paradies ein.

Die Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, ist nun keine Eigenschaft Gottes, sondern ist sein Heilshandeln an uns Menschen, mit dem er uns Sünder in die Gemeinschaft mit ihm aufnimmt und uns damit ein neues Leben schenkt. Jesus selbst drückt das in klassischer Weise aus in seiner Antwort auf die letzte Anfrage des Johannes des Täufers: Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, den Armen wird das Evangelium gepredigt, und selig ist, wer sich nicht an mir ärgert!

Somit ist diese Gerechtigkeit, die vor Gott gilt, mit der Barmherzigkeit Gottes gleichzusetzen. Jeder Christ stößt irgendwann einmal auf diese Erkenntnis und lebt dann auch danach. Die vor Gott geltende Gerechtigkeit ist nicht mein Verdienst, sondern sie entspringt allein aus dem Erbarmen Gottes über meinem Leben.

Aber hier kommt nun mein Glaube mit ins Spiel. Ich kann nur gerettet werden, wenn ich mich an den Retter klammere; wenn ich sein Angebot und seine Hilfe annehme; und wenn ich dazu auch bereit bin. So etwas geschieht nicht automatisch, sondern dazu ist Glaube nötig. Dazu ein paar Bibelstellen: Wenn du glaubtest, so würdest du die Herrlichkeiten Gottes sehen. Alle Dinge sind möglich dem, der da glaubt. Wer an Jesus glaubt, von des Leibe werden Ströme lebendigen Wassers fließen. Alle, die an Jesus glauben, gehen nicht verloren, sondern haben das ewige Leben. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.

Ich sagte es schon am Anfang: Jeder Idealismus und jede Begeisterung wird uns einmal zerschlagen und vergeht deshalb. Dagegen darf der Glaube, den man auch als Senfkornglaube bezeichnet, wachsen, reifen und zur Vollendung kommen. Darin dürfen wir immer fester, stärker und reicher werden. Wenn wir Christen auf irgend einem Gebiet Weltmeister sind, dann sind wir dies im Glauben. Allein unser Glaube ist gefragt!

Es ist sehr, sehr schade, dass in allen Ausbildungszweigen unserer Kirche nicht mehr nach dem Glauben gefragt wird; der Glaube nichts mehr gilt und gibt. Wo doch der Glaube der wertvollste Schatz der Christen ist. Nur damit kann man sich die Schätze Gottes erschließen.

Ohne Glaube ist unsere Kirche ein sinkendes Schiff. Mit Glaube bietet sie eine alternative Größe an, unter der alle anderen Größen verblassen. Ohne Glaube ist unsere Nachfolge stinklangweilig. Mit Glaube bekommt unser Leben echten Zündstoff, echte Anziehungskraft und Vollmacht. Ohne Glaube ist jeder Tag nur eine neue Pflichterfüllung und Forderung. Mit Glauben gehe ich freudig und interessiert an die täglichen Aufgaben heran. Ohne Glauben bin ich faul und behäbig. Mit Glauben kommt Leben, Wärme und Licht zu mir. Auch dieser Glaube ist natürlich keine Leistung, aber er ist meine Einwilligung in die ausgesteckte Hand Gottes; meine Unterschrift unter den Vertrag Gottes. Es ist immer ein Wagnis; aber es ist ein Wagnis mit durchschlagender Wirkung; eine Kühnheit, mit der auch ungelehrte Leute etwas zu sagen haben. Darunter kommt in echter Weise unser Leben zur Entfaltung.

Es gibt eine Glaubenseinfalt, mit der wir Schritt für Schritt die Wege Gottes gehen dürfen, ohne dass wir Diplomaten, Manager, Alleskönner oder Siebengescheite sein müssten. Wer diesen Glauben in seinem Leben mit Jesus Christus aufbringt, erfährt das Erbarmen Jesu. Und das rechnet uns Gott hoch an. Das genügt zu einem gerechten Leben.

Allein unser Glaube ist gefragt.

 

3) Wir dürfen Schleusen des Evangeliums sein, Vers 14f: Ich bin allen Menschen ein Schuldner; darum, soviel an mir liegt, bin ich willens, auch euch das Evangelium zu predigen. So wie Jesu Herz für uns Menschen schlug und blutete, so tragen auch wir Christen dasselbe Verlangen. Es gehört zum Lebensstil der Christen, dass wir unser Leben für das zur Zeit Mögliche und Gegebene einsetzen. Unser starkes Christusbewusstsein schenkt uns gleichzeitig ein starkes Sendungsbewusstsein. Wir haben das Evangelium nicht für uns selbst gepachtet, sondern durch das Evangelium leben wir als Missionare, als Zeugen dieser frohen Botschaft. Wenn wir zu unserem Nächsten hin Schleusen des Evangeliums sein dürfen, dann hat sich in unserem Leben etwas von der frohen Botschaft angestaut, und das dürfen wir nun weitergeben. Gott schenkt nicht nur Tropfen, sondern Ströme lebendigen Wassers. Schon die Natur lehrt uns, dass alles im Fluss bleiben muss, damit es nicht faul, stinkend und tot wird. Und bei einer Volks- Wirtschaftsstruktur bleibt nur dann alles im Wachsen und Gedeihen, wenn das Kapital im Fluss bleibt. Nicht anders ist es im Reich Gottes. Wir tragen große Verantwortung und haben überhaupt keinen Grund, uns unseres Auftrages zu schämen. Die grundlos verdorbenen Städte Sodom und Gomorra's wären vor dem Untergang verschont geblieben, wenn es darin 10 Gerechte gegeben hätte.

Als Christen haben wir den Auftrag, den heute so unbekannt gewordenen Gott unseren Nächsten wieder bekannt zu machen. Und hierzu gibt es eine Missionsstrategie, die von uns beachtet sein will. Es darf niemals um irgend ein persönliches Machtstreben gehen, denn damit verderben wir Gott und uns alles. Sondern davon dürfen wir uns frei strampeln; auch verzichten wir auf Rache und Vergeltung. Allen negativen Reaktionszwang lassen wir weit hinter uns. Wir verurteilen und bekämpfen keinen Menschen; auch kosten wir niemals irgend einen Triumph aus. Wir schieben niemanden auf ein Abstellgleis. Wir lassen uns niemals von Sympathie und Antipathie treiben und bestimmen. In Bezug auf die persönliche Bereicherung üben wir ganze Enthaltsamkeit und erwarten wir uns nichts vom Nächsten. Auch wollen wir niemanden etwas mit Zwang aufdrängen oder aufnötigen.

All dieses Genannte sind natürlich ideale Verhaltensweisen, die wir nie rein leben können, die aber doch zu beachten sind; denn sie gehören zu dieser Missionsstrategie.

Wir lassen den anderen total frei, und doch haben wir für ihn eine gewaltige Botschaft und große Verantwortung. Wir sind ihm das ganze Evangelium schuldig. Er hat ein Recht darauf, dass ich ihm meine Erlebnisse mit Gott weitersage und bezeuge.

Paulus sagt: Soviel an mir liegt, bin ich willens, euch das Evangelium zu predigen. Es ist ein gottgewirktes und geistgewirktes "Muss", das Evangelium in rechter Weise zu verkündigen und zu bezeugen. Kein Christ ist davon frei gesprochen und keine noch so schwere Lage kann uns davon befreien. Sogar noch auf dem Sterbelager kann man davon ein Zeugnis ablegen.

Und doch ist es kein uns schwer fallendes "Muss", sondern ein freudiges, denn ich selbst bin ja davon überwältigt und fasziniert.

Was wir hierbei tun, ist natürlich auch mit Arbeit und Mühe verbunden, mit der wir Gott bekannt machen wollen. Wir dürfen darin Könige und Meister sein, Gottes Gerechtigkeit, sprich Barmherzigkeit, zu verwirklichen. Es ist eine wahre Kunst, das selbst Erlebte dem anderen mitzuteilen, nahe zu bringen, zu erklären und umzumünzen. Wir haben eine starke Sehnsucht, den Menschen ihre Binde von den Augen entfernen zu dürfen, damit auch sie Gott erkennen und erleben können. In dieser Richtung ist unser Glaube weltoffen und wir werden den Juden ein Jude und den Griechen ein Grieche; also wir stellen uns auf die Stufe, auf der unser Nächster steht; und dürfen ihn dort abholen, da er sich gerade befindet. Wir suchen Anknüpfungspunkte, Gleichnisse, Bilder und Beispiele.

Und doch passen wir uns nie an, auch treiben wir nie Religionsvermischung. Sondern wir schlagen in allen Situationen in kühner Weise den Bogen zur Botschaft Jesu. Wir kennen die Taktik Gottes und wenden diese auch an, mit der wir nie vor dem Bösen kapitulieren müssen, sondern wir immer das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene dagegensetzen dürfen. Wir bringen Liebe, wo der Hass herrscht; Gnade, wo die Rache geübt wird; und Frieden, wo der Krieg wütet.

Seien wir solche Schleusen des Evangeliums. Gott beauftragt uns dazu und gibt uns alles, das wir dazu benötigen.

Durch unseren Glauben an Jesus Christus erleben wir unsere persönliche Errettung und sind Schleusen für die Frohe Botschaft.

Das ist und bleibt die größte Sensation für alle Zeiten und hält uns lebendig. Alle, die im Glauben standen und stehen, können uns dies bezeugen. Und auch wir dürfen dieses Zeugnis tragen.