Römer 12,1-3; Predigt:

 

„ Liebe Brüder, durch die Barmherzigkeit Gottes ermahne ich euch, dass ihr eure Leiber hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig ist. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich's gebührt zu halten, sondern dass er maßvoll von sich halte, ein jeder, wie Gott das Maß des Glaubens ausgeteilt hat. “

 

Als Christen bekommen wir das Geschick, beides in rechter Weise miteinander verbinden zu dürfen, was sonst nie zusammenpasst: Das Reich Gottes und diese unsere irdische Welt, Himmel und Erde. Das geht nur deshalb, weil Jesus Christus im Himmel und auf Erden alle Macht hat. Deshalb spricht Paulus hier vom vernünftigen Gottesdienst. Allein Gott schenkt uns die dazu nötige rechte Aufmerksamkeit im Alltag unseres menschlichen Lebens. Nur er schafft es, dass aus unserem Leben ein Fest wird.

Wo Gott und der Mensch zusammenkommen, da tut sich etwas, das uns und Gott etwas nützt. Da leben wir nicht mehr umsonst. Da wird uns aller Stumpfsinn, alle Langeweile, alle Angst und alle Resigniertheit genommen, und es kehrt Freude, Zuversicht und Lebendigkeit ein. Wer sich unserem Gott öffnet, dem eröffnen sich ungeheuer große Zukunftsaussichten, die aber heute schon von großer Bedeutung sind. Nicht wir selbst machen etwas aus uns, sondern Gott macht etwas aus uns. Wer die Anliegen Gottes zum Maßstab seines Lebens werden lässt, bei dem rührt sich etwas in seinem Leben. Bei dem stellt sich wieder der ursprüngliche Sinn der Schöpfung Gottes in den Mittelpunkt seines Lebens. Was mit dem Sündenfall verloren gegangen ist, dazu findet er wieder den Zugang. Gott lässt ihm wieder die ewigen Werte seines Lebens zukommen und zufließen. Gott selbst öffnet ihm dazu seine Schleusen.

Die äußeren Anziehungskräfte dieser Welt bleiben zwar für alle Zeiten bestehen und wir können uns diesen nicht entziehen. Aber innerlich kommen wir davon frei und dürfen der Faszination Gottes leben. Schon mit unseren ersten Schritten des Glaubens bekommen wir Gottes Weisheit, Kraft und genügend Vorschuss, um in das Geheimnis Gottes einsteigen zu dürfen und zu können. Für uns existiert heute schon das Reich Gottes. Von daher bekommt alles seinen Sinn und Zweck. Dafür lohnt es sich zu leben und zu sterben. Nichts wird mehr umsonst durchgangen und durchlebt. Unser gesamtes Leben richten wir danach aus. Dass wir das tun dürfen, ist für uns das größte Geschenk und gleichzeitig die größte Aufgabe. Das macht uns zu sehr verantwortlichen Menschen. Das befähigt uns, echte Vorbilder und Leitbilder für unsere Nächsten zu sein.

In unseren Herzen feiern wir ein Fest, bzw. feiert Gott mit uns sein Fest, nimmt er uns ganz in seine Wirklichkeit mit hinein, dient er uns und lässt er uns mit an seinem Tisch sitzen. Gerade das bewahrt uns vor falschen und törichten Schritten und Wegen. Gerade das macht uns verantwortungsfähig und lebensfähig. Gerade das zeigt uns den Sinn des wahren Lebens und führt uns zielstrebig die rechten Wege. Dann wird unser Alltag zum Gottesdienst. Dann ziehen wir daraus den größten Nutzen, den es im Leben gibt.

Der vernünftige Gottesdienst, den Paulus hier anspricht, beinhaltet dreierlei: 1) Gott dient uns! 2) Daran werden wir aktivst beteiligt. 3) Gott baut sich damit sein neues Reich auf.

 

1) Gott dient uns! Als Christen wissen wir, dass nur er uns seine Zufälle zufallen lässt und seine Schicksale schickt. Er stellt uns in seine Gotteskreise. Der ursprüngliche Sinn des Gottesdienstes besteht einzig und allein darin, dass Gott dient. Und wem dient er? Natürlich gilt das uns Menschen, uns Christen. Es ist hier im Text von der Barmherzigkeit Gottes die Rede; vom Willen Gottes, der nur das Gute, Wohlgefällige und Vollkommene will; von der Gnade Gottes, die uns das Maß des Glaubens zuteilt.

Ist das nicht ein großartiges Angebot, dass Gott überhaupt bereit ist, uns zu dienen?! Wer das an sich geschehen lässt, der nützt das niemals schofel aus, sondern der wird zu einem sehr dankbaren Menschen. Wer das glaubt, dem dient dann alles im Leben in rechter Weise, auch das normalerweis Negative und Böse verwandelt Gott in lauter Segen. In der Bibel steht der Satz, dass Gott sogar den Fluch in Segen verwandelt. Gott steht dann über allem und über alles.

Gott lässt uns nicht hängen, verderben oder gar vergammeln. Sondern jeder erfährt seinen ganz speziellen Auftrag und bekommt das dazu nötige Geschick. Gottes persönlichster Beistand und seine persönlichste Fürsorge ist uns gewiss.

Wer an sich den Dienst Gottes gefallen lässt, der hat es nicht mehr nötig, sich von Menschen bedienen zu lassen. Und Gott selbst ist nichts lieber, als uns zu dienen, für uns da zu sein. Es gibt dann keine größere Absicherung unseres Lebens, als dieses in Gottes Schutz und Geleit gesichert zu sein. Alles andere fällt dahinter weit zurück. Die Wertmassstäbe des Lebens bekommen damit einen ganz neuen Inhalt.

Diese Inhalte haben aber nichts mit Schwärmerei zu tun, deshalb nennt Paulus den vernünftigen Gottesdienst. Schwärmer übersehen und übergehen diese Nüchternheit. Dieses Wort vernünftig soll hier im ursprünglichen Sinn wortgemäß oder schriftgemäß heißen. Die biblischen Vorbilder zeigen uns klar und eindeutig, wie wir Gottes Willen und Auftrag in rechter Weise verstehen dürfen.

Gott sieht sehr nüchtern unser Leben und schätzt uns sehr nüchtern ein. Er weiß genau, wer und was wir sind. Er täuscht sich nie. Und doch dient er uns und liebt er uns; gibt er uns seine Hilfen und Stützen; vertraut er uns sehr viel an.

Gott will nie, dass wir uns eine unwirkliche Welt aufbauen. Gerade er zeigt uns unsere wahre Gestalt und unser wahres Gesicht, aber auch unsere wahren Chancen. Und nur durch seinen Dienst an uns gerät unser Leben in Ordnung. Manchmal sind das schwere Schritte, die wir gehen. Aber sie beinhalten den gewaltigen Vorteil, dass Gott uns dadurch zu lebensfähigen Menschen macht, die sich nicht mehr täuschen oder an der Nase herumführen lassen.

Gott will nicht unseren Untergang, sondern den Aufbruch unseres Lebens und Wirkens. Und das gilt auch dann, wenn vor dem Aufbruch ein Zerbruch steht. Es geschieht immer auch zu unserem persönlichen Vorteil. Wenn uns Gott dienen kann, erreichen wir damit die höchstmögliche Lebensstufe, Lebensqualität, den höchstmöglichen Lebensstandart. Damit wird uns Größtes und Höchstes anvertraut. Es ist uns dann zwar nicht alles möglich, aber doch das, das zur Zeit von Gott her dran und gegeben ist. Gott dient uns!

 

2) Daran werden wir aktivst beteiligt! Gott plant uns ganz ein und gibt     uns seine Aufgaben. Er hätte das zwar nicht nötig, aber er will es so. Er will, dass alle daran beteiligt sind. Deswegen sind in seinen Augen diejenigen die größten Trottel, die meinen, alles alleine machen und bestimmen zu müssen. Gott will bei der Vollendung seines Werkes alle beteiligen.

So gilt es für uns, dass wir auch die Bereitschaft dazu aufbringen. Dann kann uns auch kein Mensch daran hindern. Jeder Christ ist lernfähig. Er darf innerlich wach und aufmerksam sein. Wer sich diesem Dienst Gottes weit öffnet, der bekommt die Gnade, die Lebensprüfung glänzend bestehen zu dürfen.

Hierfür gilt vor allem der Vers 2: Stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, damit ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist. Damit zwängt uns Gott nicht in ein engstirniges Chema ein, sondern er befreit uns damit gerade aus aller Engstirnigkeit, Begrenztheit und Vergänglichkeit. Er gibt uns Richtlinien und Rahmenverordnungen zur Hand, innerhalb denen uns ein großer Freiraum gegeben ist, den wir ausfüllen und in dem wir uns bewegen dürfen.

Machen wir uns die Mühe, Gottes Geheimnisse, Ordnungen und Richtlinien zu erspüren und zu erfassen. Das lohnt sich immer. Damit kommen wir im Leben am weitesten und am besten voran. Das macht uns zu lebensfähigen Menschen.

Wagen wir den Glauben mit allem, das damit zusammenhängt, dann können und dürfen wir sehr klug und weise leben und handeln. Die Erneuerung unseres Lebens bleibt dann nicht aus; sie kommt. Der Verlorene Sohn musste umkehren und heimkehren. Aber dann bekam er von seinem Vater wieder die volle Sohnschaft geschenkt, mit allen Rechten und Pflichten. Mit dieser Erneuerung treten wir nie auf der Stelle, sondern geht es immer zielstrebig weiter und voran.

Es ist hier von einer Prüfung die Rede, die Gott uns überlässt. Somit ist Gott für uns nicht der ewig lästige Prüfer, vor dem wir ängstlich stehen und wir uns fragen, ob wir bestehen können. Sondern als Christen ist uns das selbst überlassen. D.h. wir sind sehr verantwortliche Menschen, die selbst sehr wohl wissen dürfen, was Recht und was Unrecht ist. Vor Gott stehend dürfen wir unsere falschen Wege selbst erkennen und uns von Gott erneuern lassen. Paulus selbst gibt uns hier mit seinem eigenen Leben ein klassisches Beispiel. Als Saulus verfolgte er Jesus. Als die Stunde der Begegnung mit Jesus kam, änderte er sich durch die Erneuerung seiner Sinne und tat dann das Gute, das Wohlgefällige und Vollkommene. Am vernünftigen Gottesdienst werden wir aktivst beteiligt.

 

3) Gott baut sich damit sein neues Reich auf. Obwohl Gott immer den     einzelnen Menschen im Blickfeld hat und an ihm und mit ihm handelt, hat er natürlich immer auch das Ganze im Blick: den Aufbau und die Vervollkommnung des Reiches Gottes. Jede einzelne Führung und Berufung ist darauf abgestimmt, dass sie dem Ganzen dient. Deshalb ist hier im Text von einer Ermahnung die Rede; von einem Opfer unseres Lebens, das dem Ganzen dient; und dass wir nicht mehr von uns halten, als es sich gebührt, sondern maßvoll!

Es ist natürlich ein Vorteil, wenn wir das begriffen haben und ausleben. Denn unsere Eitelkeit und unser Ehrgeiz ist Gift für das Reich Gottes. Das wissen wir von anderen biblischen Stellen, in denen vom Hochmut und von der Demut die Rede ist. Mit einem demütigen Leben kommen wir in der Gemeinde am besten voran und weiter. Ich denke, das ist uns allen klar und bestens bekannt. Und doch wissen wir, dass wir damit immer zu kämpfen haben. Es ist die größte Kunst von uns Christen, uns hier richtig zu verhalten.

Am vernünftigen Gottesdienst sind immer alle beteiligt, nicht nur Einzelne. Christen schlüpfen nicht in einer Gemeinschaft unter, sondern jeder ist auf seine Weise ein Original innerhalb der Gemeinde. Christen lassen sich nicht bedienen, sondern dienen. Christen legen sich nicht auf die faule Haut, sondern sie sind Stützen, auf die man sich verlassen kann. Christen sind nicht ständig eingeschnappt, sondern zeigen Verantwortung und leben diese an ihrer Stelle auch ganz aus. Wenn Gott aus uns etwas macht und das Beste aus uns herausholt, dann dient das immer allen und es ist nie etwas gegen jemanden gerichtet.

Die Dummen in den Augen Gottes sind nie die, die den demütigen Weg gehen, sondern immer die, die sich über andere erheben. So seien wir hier immer klug und weise. Jesu Vorbild in der Fußwaschung zeigt uns ganz klar den Weg dazu. Er prägt, gestaltet und führt uns denselben Weg. Und gerade damit können wir auch die übelsten Verleumdungen überstehen.             Es ist unsere wesentlichste Aufgabe, dass auch wir das Gemeinsame im Blickfeld haben, und nicht das, was momentan unser persönlicher Vorteil ist. Auch wenn damit große Entsagungen verbunden sind, so geraten wir damit doch nie in irgend eine Vereinzelung. Wer maßvoll von sich hält, also sich demütigt, der wird dennoch nicht untergebuttert, - das lässt Gott nicht zu -, und er kennt damit keine Verzagtheit. Denn Gott führt ihn und öffnet ihm die wahren Aufgaben des Lebens; dazu auch die Menschen, denen er dienen und für die er leben darf. Und die größte Freude erlebt der, der anderen etwas geben, mitteilen und sie führen darf. Jesus selbst war nicht für die Gesunden da, sondern für die Kranken, Armen, Benachteiligten und Hungernden. Er gab ihnen das Brot des Lebens. Und das machte die Menschen still und froh. Gottes Gnade prägte dann ihr ganzes Leben. Gott baut sich sein neues Reich auf. Da ist er am Wirken und im Kommen. Als Christen lassen wir uns an unserer Stelle mit einplanen und einbauen. Daraus entsteht dann der neue Tempel, in dem Gott wohnt und wirkt.

 

Christen bekommen das Geschick, beides in rechter Weise miteinander verbinden zu dürfen, was sonst nie zusammenpasst: Das Reich Gottes und diese unsere irdische Welt; Himmel und Erde! Denn Jesus Christus hat alle Macht im Himmel und auf Erden. Damit feiern wir den vernünftigen Gottesdienst. Der Sonntagsgottesdienst dient dazu als Anstoß. Das darin Erlebte und Erfahrene hat Auswirkungen auf die ganze Woche, auf alle Arbeit und Begegnungen. Leben wir dieser Faszination Gottes, dann verlieren sich die Schrecken und es verbreitet sich der Festcharakter des Reiches Gottes. Möge Gott uns das allezeit schenken.