Römer 15,4-13; Predigt:

 

" Was zuvor geschrieben ist, das ist uns zur Lehre geschrieben, damit wir durch Geduld und den Trost der Schrift Hoffnung haben. Der Gott aber der Geduld und des Trostes gebe euch, dass ihr ein­trächtig gesinnt seid untereinander, Christus Jesus gemäß, damit ihr einmütig mit einem Munde Gott lobt, den Vater unseres Herrn Jesus Christus. Darum nehmt einander an, wie Christus euch ange­nommen hat zu Gottes Lob. Denn ich sage: Christus ist ein Diener der Juden geworden um der Wahrhaftigkeit Gottes willen, um die Verheißungen zu bestätigen, die den Vätern gegeben sind; die Hei­den aber sollen Gott loben um der Barmherzigkeit willen, wie ge­schrieben steht ( Ps 18,50): »Darum will ich dich loben unter den Heiden und deinem Namen singen.« Und wiederum heißt es (5 Mo 32,43): »Freut euch, ihr Heiden, mit seinem Volk!« Und wiederum (Ps 117,1): »Lobet den Herrn, alle Heiden, und preist ihn, alle Völ­ker!« Und wiederum spricht Jesaja (Jes 11,10): »Es wird kommen der Spross aus der Wurzel Isais und wird aufstehen, um zu herr­schen über die Heiden; auf den die Heiden hoffen.« Der Gott der Hoffnung aber erfülle euch mit aller Freude und Frieden im Glau­ben, dass ihr immer reicher werdet an Hoffnung durch die Kraft des heiligen Geistes. "

 

Wie oft sagt man unter Christen: Im Himmel sin­gen wir einmal das vielstimmige Lob Gottes. So könnte man unser gemeinsames Advent mit einer Chorprobe vergleichen. Jesus übt mit uns die einzelnen Stimmen ein, aber auch das Zusammenklin­gen, und er gibt die Einsätze. Und da gilt es nun zu üben, immer und immer wieder; damit es klappt, wenn der eigentliche Auftritt kommt.

Es genügt noch nicht, wenn jeder seine eigene Stimme richtig sin­gen kann. Es muss auch die Höhenlage stimmen und es muss der Einsatz zum rechten Zeitpunkt kommen. Denn es würde sich ver­heerend auswirken, wenn die Tonlage nicht aufeinander abge­stimmt ist, oder ein Einsatz zu früh oder zu spät käme.

In diesem Predigttext geht es vor allem um die gemeinsame Vorbe­reitung im Advent auf Weihnachten. Unser gemeinsames Leben hat nur dann einen Sinn, wenn die Vielstimmigkeit in Abstimmung mit Gottes Verheißungen steht.

Vor allem im Gleichnis von den zehn Jungfrauen wird dieses ge­meinsame Zugehen auf das Kommen Jesu verdeutlicht. Es ist ganz wesentlich, dass wir dabei rechtzeitig alle Vorkehrungen treffen, die dazu wesentlich sind. Das können und dürfen wir nicht auf später verschieben, denn da könnte es zu spät sein. Wir kommen nicht automatisch auf den rechten Weg. Das Wenige, das von uns ver­langt wird, sollen wir auch rechtzeitig tun und uns nicht davon ab­halten lassen.

Das rechte Durchgehen aller Gemeinsamkeit ist immer voller Span­nungen. Es ist sehr selten eine Einmütigkeit vorhanden, bei der alles reibungslos abläuft. Das ist noch der Ewigkeit vorbehalten. Ein großer Künstler sagte einmal: Seine größten Werke schafft er dann, wenn er innerlich voller Spannungen ist. Sagen wir es einmal so: Es ist spannend, zu erleben, wie sich mein Nächster entscheidet und wie Gott handelt und führt. Das entspricht nicht mehr unseren Vor­stellungen. Aber zu Gott dürfen wir in dieser Richtung das volle Vertrauen aufbringen. Denn er enttäuscht uns nicht und segnet reich unser Leben.

Das rechte gemeinsame Leben ist eine der größten Aufgaben, die uns gegeben sind. Nur wer seinen Nächsten akzeptiert, ehrt und achtet, gerade in seinen Meinungen und Entscheidungen, der hat im gemeinsamen Leben eine sehr wesentliche Stellung.

So kann man diesem Predigttext folgende Dreiteilung geben: 1) Christus ist für uns alle da und nimmt uns alle an. 2) Deshalb lebt die Gemeinde einmütig und ist doch vielstimmig. 3) Über allem erklingt das Lob Gottes.

 

1) Christus ist für uns alle da und nimmt uns alle an. An Jesus kommt keiner vorbei. Wer es dennoch versucht, bestraft sich selbst. Und das gilt erst recht für uns Christen. Es ist unser persönlicher und gemeinsamer Vorteil, wenn jeder für sich ganz diesem Christus lebt. Denn durch ihn wendet sich buchstäblich das Blatt unseres Le­bens. Er ist unser Glück, unser Schatz, unser Gewinn, unser Bestes und Höchstes. Was normalerweise dem Tod geweiht ist, das ist durch ihm dem Leben geweiht. Was normalerweise den Gesetzen des Fluches unterliegt, unterliegt nun den Gesetzen des Segens. Was normalerweise keine Chance zum Leben hat, bekommt diese ganz neu geschenkt.

Das ist auch der Grund dafür, dass die Elenden und Armen, die Mühseligen und Beladenen, die Demütigen und Zerschlagenen dies viel eher begreifen und annehmen; als die, die die Reichen, Mächti­gen, Herren und Bestimmenden sind.

Mit Jesus Christus haben wir zwar kein einfacheres Leben. Aber in der Tiefe unseres Herzens erleben wir eine Zubereitung und Be­glückung besonderen Grades. Dadurch können wir alles, buchstäb­lich alles, in rechter Weise durchgehen und bewältigen. Und das macht unser Leben so wertvoll und schenkt uns tiefe Erfüllung. Da macht es dann auch so richtig Spaß, all das anzupacken und zu er­ledigen, das uns vor die Füße gelegt wird. Und alles andere können wir getrost Gott anheim stellen und ihm überlassen.

Wir Christen wissen, was Gott will. In Jesus Christus konkretisiert sich der Wille Gottes. Er zeigt uns ganz klar, was Gott von uns ha­ben will. Und das ist nie gegen jemanden oder gegen etwas gerich­tet, sondern immer für uns Menschen und unser Wohl gedacht. Wer danach sein Leben aus- und einrichtet, der erlebt die Allgemeinver­sorgung Jesu, die ihm alles gibt, was er zum Leben benötigt. Und gerade dadurch werden wir zum Leben befähigt, zur Verantwor­tung, zur Leistung, zur Behutsamkeit; zum rechten Umgang mit un­serem Nächsten, aber auch mit unserer Zeit, Kraft, mit unserem Geld und Besitz.

Nur Jesus kann uns ein festes Herz geben, eine beständige und klare Lebensweise, daran nicht mehr zu rütteln ist. Er versiegelt unser Leben, sodass nur sein liebender und barmherziger Anspruch zur Geltung und zum Tragen kommt. Es dient immer der Rettung und Weiterführung unseres Lebens, wenn wir die Beziehung zu Jesus weiter ausbauen. Hier bleiben wir nie an einer Stelle stehen. Wir blicken nie zurück oder zur Seite. Sondern wir stehen immer im Aufblick zu unsrem gekreuzigten und auferstandenen Herrn. Chri­stus ist für uns alle da und nimmt uns alle an.

 

2) Die Gemeinde lebt einmütig und ist doch vielstimmig. Denken wir da nochmals an das Bild des Chores. Gerade beim gemeinsa­men Singen sind die richtigen Töne zum rechten Augenblick ganz wichtig. Und doch gilt es, aufeinander zu hören und unseren Näch­sten gelten zu lassen. Dann kommt der rechte Lobgesang zustande, der die Sänger und die Zuhörer erfreut.

Wer die Vielstimmigkeit der Gemeinde nicht akzeptiert und erträgt, der ist fehl am Platze. Der kann auch sehr viel zerstören, steht Gott uns seinen Nächsten im Wege und erzeugt nur Missklänge.

Natürlich gibt es immer wieder verschiedene Meinungen und Vor­stellungen, wodurch Gräben und Abgründe entstehen. Natürlich kommt es immer wieder vor, dass falsche Entscheidungen getroffen werden. Aber gerade das ruft uns auf, in solchen Situationen Brüc­ken zu schlagen; Brücken zum rechten Verständnis des Auftrages Jesu, Brücken zum Evangelium, zur frohen Botschaft.

Gottes Vorstellungen haben eben nichts mit dem zu tun, was unsere natürlichen Vorstellungen sind. Der Prophet Jesaja sagt als der Sprecher Gottes (55,8ff): Meine Gedanken sind nicht eure Gedan­ken, und eure Wege sind nicht meine Wege. Soviel der Himmel hö­her ist als die Erde, so sind auch meine Wege höher als eure Wege und meine Gedanken als eure Gedanken! Aber das Wort, das aus meinem Munde geht, wird nicht mehr leer zu mir zurück kommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende!

Jede Führung Gottes dient dem Aufbau seines Reiches, an dem wir gemeinsam beteiligt sind. Die dazu nötigen Wege erfahren wir nur mit dem Wort Gottes, die immer Verheißungen darstellen, die sich auch erfüllen. Deshalb sind in unserem Predigttext so viele Bibel­stellen angeführt. Und da gilt es dann, gemeinsam an demselben Strick zu ziehen.

Wenn jeder sein Christsein recht lebt, dann können wir uns nur an­einander freuen, stehen lasse, akzeptieren und ergänzen. Eine Ge­meinde und Gemeinschaft lebt davon, dass sich viele verantwortlich wissen und Verantwortung tragen. Wird das unterbunden, dann ist etwas gestört und das Wachstum ist nicht mehr gegeben. Es ist - wie schon gesagt - eine unserer Hauptaufgaben, sich für die echte Gemeinschaft einzusetzen. Weil wir alle so große Egoisten sind, ist das nicht selbstverständlich. Und dazu benötigen wir am meisten die Vergebungs- und Erlösungskräfte. Da gilt es, unsere Begierden zu kreuzigen und unsere Eigeninteressen hinten anzustellen. Jesus sagt eindeutig (Mt 20,26): Wer unter euch groß sein will, der sei euer aller Diener! Das ist unsere Aufgabe am gemeinsamen Leben. Nur damit ergänzen wir uns gegenseitig und sind bestens am Auf­bau des Reiches Gottes beteiligt. Die Gemeinde lebt einmütig und ist doch vielstimmig.

 

3) Über allem erklingt das Lob Gottes! Verdienen würden wir nur die Missklänge, bei denen sich jeder die Ohren zuhält. Das ist nor­malerweise der Verdienst unseres Verhaltens. Aber hier erzeigt sich in besonderer Weise die Gnade und Barmherzigkeit Gottes. Es ist nur der Verdienst Jesu, dass durch seine Erlösungskräfte alles Dunkle, Böse und Versagen ausgelöscht wird und sein Licht, sein Gutes und seine Vollkommenheit zum Tragen kommt.

Und da heißt es dann, der Dankbare lebt aus dieser Fülle Gottes, daraus auch der rechte Lobgesang entspringt. So ist dieses Lob Gottes kein Eigenprodukt, sondern ein Geschenk. Wir selbst können es nicht produzieren, aber wir können uns ihm hingeben. Gott kann unser Herz zum Klingen bringen und unsere Herzenssaiten dazu an­zupfen. Und was dann im Herzen klingt, davon fließt der Mund über.

Natürlich erklingt auf Erden noch ein sehr kümmerlicher Lobge­sang. Immer wieder wollen sich Missklänge einschleichen. Denken wir nur an das damalige Weihnachtsgeschehen. Da ist die Herberge nur der arme Stall. Da gab es den Kindermord in Bethlehem. Maria und Josef mussten viele Strapazen auf sich nehmen: Armut, Unan­nehmlichkeiten und Reiseanstrengungen. Sie hatten nichts als die Verheißung. Und doch kam der Lobgesang zum Durchbruch durch die Engel, die Hirten und den drei Weisen. Und darüber wurden auch ihre Herzen froh und mitgerissen.

Wohl dem Menschen, der Gott lebt, der das Neue Lied singt, davon vor allem die Offenbarung des Johannes voll ist. Denn das ist das Zeugnis dafür, dass dieser Mensch sich auf Gott verlässt; er aus die­ser Fülle schöpft, die Gott für ihn bereit hält.

Gottes Lob ist nicht nur die Angelegenheit der Musikalischen und der Kirchenmusiker. Auch ein Unmusikalischer kann darin ein­stimmen. Wenn das Herz durch die Gnade Gottes klar und rein ist, dann fließt daraus dieses Lob über Gottes herrliches Handeln.

Gottes Lob ist nicht mit Mühsal verbunden. Dazu müssen wir uns nicht aufraffen oder zwingen. Das Einzige, das wir tun dürfen, ist unsere Öffnung und Einwilligung zum Handeln Gottes. Alles an­dere tut dann Gott. So wie es das Wort sagt, kommt Gottes Lob zu uns. Bei der Erziehung sagt man, dass das Lob nicht zu kurz kom­men darf. Und wenn Gott unser Leben erziehen darf, schenkt er uns auch reichlichst dieses Lob.

Manchmal singen wir darüber Psalmen und fest geprägte Lieder. Manchmal ist man einfach in Gott glückselig und man geht froh­gemut und frohgestimmt an die Arbeit. Dieses Lob kann sehr viel­fältige Formen haben. So erklingt über allem das Lob Gottes.

 

Unsere gemeinsame Zubereitung im Advent gleicht einer Chor­probe. Jeder darf seine einzelne Stimme erklingen lassen. Weil uns Jesus den Ton angibt und den Zeitpunkt des Einsatzes zeigt, darf unsere Stimme mit den anderen Stimmen in rechter Weise zusam­men klingen. Noch haben wir Zeit zum Üben. Noch sind wir nicht am Ziel angelangt. Noch ist es oft sehr kümmerlich. Aber es kommt der Zeitpunkt des eigentlichen Auftrittes. Und da wird es vollkom­men Klingen.