Lukas 19,41-48; PREDIGT:

 

Jesus weint über Jerusalem:

„ Als Jesus nahe an Jerusalem kam, sah er die Stadt und weinte über sie und sprach: Wenn doch auch du erkenntest zu dieser Zeit, was zum Frieden dient! Aber nun ist's vor deinen Augen verborgen. Denn es wird eine Zeit über dich kommen, da werden deine Feinde um dich einen Wall aufwerfen, dich belagern und von allen Seiten bedrängen, und werden dich dem Erdboden gleichmachen samt deinen Kindern in dir und keinen Stein auf dem andern lassen in dir, weil du die Zeit nicht erkannt hast, in der du heimgesucht worden bist. “

Die Tempelreinigung:

„ Und er ging in den Tempel und fing an, die Händler auszutreiben, und sprach zu ihnen: Es steht geschrieben: »Mein Haus soll ein Bethaus sein«; ihr aber habt es zur Räuberhöhle gemacht. Und er lehrte täglich im Tempel. Aber die Hohenpriester und Schriftgelehrten und die Angesehensten des Volkes trachteten danach, dass sie ihn umbrächten, und fanden nicht, wie sie es machen sollten; denn das ganze Volk hing ihm an und hörte ihn. “

 

     Das Heil und das Unheil nehmen ihren Lauf. Diese Tatsache kann nicht geleugnet werden. Leider ist es so, dass bei der Weltgeschichte das Unheil seinen Lauf nimmt. Auch wenn immer wieder Gutes erfunden, erforscht und entwickelt wird. So gibt es doch immer welche, die das zum Bösen benützen. Völker und Herrscher stehen auf und vergehen wieder. Dazu kommt, dass auf dieser Erde kein Mensch ewig leben kann. Irgendwann stirbt ein jeder. Und das gilt auch für die großen Bewegungen dieser Welt.

     Es wäre so schön auf dieser Welt, wenn das nicht so wäre. Aber es ist so. Seien wir froh, dass es uns so gut geht. Hoffentlich bleibt uns das auch lange erhalten. Aber das ist nicht das Normale auf dieser Welt. Durch Feindschaft, Neid und Mobbing werden viele Menschen benachteiligt. Auch heute werden ganze Völker unterdrückt. Zurzeit gibt es die größte Christenverfolgung aller Zeiten, vor allem im islamischen Gürtel dieser Erde. Durch Hungersnot sterben täglich 1000-de von Menschen. Durch die Naturkatastrophen haben Millionen von Menschen ihre Heimat verloren. Durch die Selbstmordattentäter wird viel Angst und Leid produziert.

     Aber auch das Heil Gottes nimmt seinen Lauf. Gott hat seine Geschichte mit dem Volk Israel. Das Werk, das Jesus begonnen hatte, geht weiter. Die Bibel wurde schon in fast alle Sprachen dieser Welt übersetzt. Die Wicliff Bibelübersetzer sind da unermüdlich am Werk. In vielen Ländern dieser Erde gibt es große Erweckungen, bei denen viele Menschen zum Glauben an Jesus Christus finden. Obwohl dem Christentum schon oft der Untergang prophezeit wurde, gibt es die Gemeinde Jesu noch immer. Und sie wird von Gott bis zur Vollendung am Jüngsten Tag weiter geführt und geleitet.

     Auch in uns streiten oft das Unheil und das Heil. Und Jesus schenkt uns die Gnade, dass das Heil siegen darf. Er will uns auf diesem Weg des Heils immer fester einbinden und weiter führen. Als Christen sind wir dem Heil Gottes verpflichtet. Jesus heilt und heiligt uns. Nichts darf und kann uns von seinen Gnadengaben trennen. Dazu kommt, dass alles, was Jesus in unserem Leben bewirkt, ewiggültige Werte sind, die wir sehr hoch schätzen und dafür wir sehr dankbar sind. Es gibt die Freudenbotschaft Gottes, bei der wir frei, froh und getrost leben können. Da erfüllen sich in rasanter Art und Weise die Weissagungen und Verheißungen Gottes.

     Unser Text spricht dreierlei an: 1) Vieles ist zum Weinen. 2) Es gibt die Heimsuchung Gottes und 3) die Besitzergreifung Gottes.

 

     1) Vieles ist zum Weinen. Wenn man das ganze Alte Testament und das Wirken Jesu ansieht, dann ist das zum Weinen, wie das von Menschen missbraucht wurde. Schon die Propheten kämpften immer darum, dass Israel nicht den Göttern nachläuft, sondern Gott die Ehre gibt. Auch die Judenführer zurzeit Jesu nahmen seine Botschaft nicht an. Und wie steht es um Israel heute? Kann man sagen, dass Israel die Botschaft Gottes annimmt? Die politischen Führer leben total anders. Die Orthodoxen- Juden haben wenig Einfluss auf das Volk. Da ist Israel sehr modern geworden, wie auch der ganze Westen Europas.

     Auch bei uns ist vieles zum Weinen, wenn man unser Volk von der biblischen Botschaft her betrachtet. Wo wird noch Gott die Ehre gegeben? Nur noch zu Weihnachten sind die Kirchen voll. Aber sonst sind sie leer. Nur noch wenige machen sich auf, um Gott die Ehre zu erweisen.

     Ist nicht unsere ganze Menschheitsgeschichte zum Weinen? Die Bibel hat das mit dem Sündenfall schon richtig beschrieben. Wir Menschen könnten es so richtig schön haben, ja in einem Paradies leben. Aber gerade das so wenig Unerlaubte reizt uns, verführt uns und bringt uns zu Fall. Paulus sagt es in Römer 7 so: „Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen kann ich nicht. Denn das Gute, das ich will, das tue ich nicht; sondern das Böse, das ich nicht will, das tue ich…. Ich elender Mensch. Wer wird mich erlösen von diesem todverfallenen Leib?“ Da ist wahrhaftig das Böse und der Böse am Werk. Deshalb gibt es so viel Zertrennendes, so viel Nöte und Zerrissenheit: Krankheit, Krebsgeschwüre, Ehescheidungen, viele Kindernöte, Abtreibungen, Streit und Krieg, Katastrophen über Katastrophen im Kleinen und im Großen, die Arbeitslosigkeit, der Welthunger, die Umweltverschmutzungen, Unterdrückungen, Energienöte…. Wo sind wir hingeraten? Sind wir noch zu retten? Warum kann man den anderen nicht gelten lassen und auch ihm seinen Freiraum zugestehen? Warum müssen immer die Alten Recht haben und die Jungen sich ducken? Warum…. Warum…. Warum….? Ist das nicht zum Weinen?!!

 

     2) Es gibt die Heimsuchung Gottes. Trotz des Weinens gab Jesus damals nicht auf. Er geht unbeirrbar seinen Weg weiter. Er weiß, was er zu tun und zu lassen hat. Er geht zielstrebig seinen Weg. Das tat er ganz klar während seiner ganzen Wandertätigkeit, bei der er Gottes Wort verkündigte und dort half, wo die Not am größten war. Dazu ließ er keine Gelegenheit außer Acht. Sein ganzes Wirken war darauf bedacht, so weit wie möglich der Heimsuchung Gottes zu dienen und sich dafür einzusetzen.

     Jesus will uns Menschen wieder die Heimat bei Gott ermöglichen. Das ist mit Heimsuchung Gottes gemeint. Darauf war sein ganzen Leben und Wirken angelegt. Auch wenn es für ihn viel Anlass zum Weinen gab, so gab es für ihn auch sehr viel zu tun. Er setzte sich für das ein, das momentan möglich war. Er nützte seine Zeit aus. Sogar das Leiden war für ihn höchste Aktivität, auch wenn es nach außen hin wie Passivität aussah.

     Wir können das nicht genügend betrachten und bedanken, dass Gott nie aufgibt. Er ist immer auf den Sprung zu uns. Er will sich unserer Nöte erbarmen. Er will auf unsere Fragen seine gültigen Antworten geben. Er zeigt uns die Lösungen, die uns weiter bringen und führen. Er zeigt uns führt uns die Wege, die im Paradies, im Himmel Gottes landen. Er bewahrt uns vor dem Bösen und schenkt uns das Gute. Seine Alternativen sind immer noch besser als unsere selbsterwählten Wünsche und Wege. Seine Verheißungen sind gewisser als alle unsere Begehren. Seine Führungen bringen uns zum rechten Ziel. Da ist nie etwas umsonst getan und durchlebt.

     Also lassen wir Gott an uns handeln und wirken. Das ist für uns immer von Vorteil. Da finden wir das wahre Leben, das sich lohnt, gelebt zu werden. Das bereuen wir nie. Das schenkt uns Erfüllung, Freude und Seligkeit. Da sind wir befähigt, gute Früchte zu bringen. Da liegen das Wohlwollen Gottes auf unserem Leben, sein Segen und sein Friede.

     Bei solcher Heimsuchung Gottes gibt es in unserem Leben immer die Lücke, in der wir die Chance Gottes erkennen und entdecken dürfen. Sehen und ergreifen wir diese Chancen. Geben wir nie auf. In jeder Situation unseres Lebens gibt es immer einen Sinn und darf es zielstrebig weiter gehen. Was nicht möglich ist, das dürfen wir getrost Gott überlassen. Aber an den Stellen, wo für uns etwas möglich ist, da dürfen wir uns ganz einsetzen und des Lebens erfreuen. Da dürfen wir bei Gott ganz beheimatet sein. Da bauen wir mit an der Neuschöpfung Gottes. Da haben wir und bekommen wir Anteile an der Ewigkeit Gottes. Da bekommen wir echte Mobilität und Lebendigkeit. Da werden wir mit innerer Freude und Glückseligkeit erfüllt. Solche Heimsuchung Gottes lassen wir uns nicht entgehen.

 

     3) Es gibt wahrhaftig die Besitzergreifung Gottes. Das ist hier mit der Tempelreinigung ausgedrückt. Es sieht sehr radikal aus, was da Jesus tut. Aber er tat das mehr sinnbildhaft, zeichenhaft. Denn die Händler sind danach wieder sehr schnell in den Vorhof der Heiden eingezogen und betrieben weiter ihre lohnenden Geschäfte. Wenn Jesus sagt: „Mein Haus soll ein Bethaus und keine Räuberhöhle sein!“ Dann meint er damit, dass beim echten Gottesdienst die Räuber keinen Platz haben. Was sind Räuber? Es sind die Menschen, die auf Kosten anderer leben, die sich alles zusammen stehlen, die andere für sich arbeiten lassen und daraus hohen Gewinn scheffeln. Damals war der Handel im Vorhof des Tempels ein Riesengeschäft. Für den Verkauf der Opfertiere verlangten die Priester weit überhöhte Preise. Und die Tempelsteuer von zwei Schekeln, das waren damals zwei Tageslöhne, das erbrachte bei weit über 100 000 Besuchern einen enormen Besitz.

     Obwohl unsere Kirche natürlich auch Geld benötigt. So geht es doch beim echten Gottesdienst nie um weltliche Geschäfte, sondern um die Besitzergreifung Gottes. Gott baut sich hier etwas auf, das „ihm“ etwas einbringt. Es geht um seine ganze Neuschöpfung, für die er sehr viel Geduld aufbringt, die aber unwiderstehlich im Entstehen ist und zur Vollendung geführt wird. Dazu sitzt Jesus zur Rechten Gottes. Dazu hat Jesus im Himmel und auf Erden alle Macht. Dazu überträgt auch Jesus seinen Boten alle Vollmachten. Was sie in seinem Namen auf Erden binden oder lösen, das gilt auch im Himmel. Hier geschieht wahrhaftig Umwälzendes, wo wieder etwas heil wird und etwas Beständiges und Ewiges entsteht.

     Gerade im Gottesdienst handelt Gott. Gottes Wort und Sakrament sind die Hauptbestandteile unserer Gottesdienste. Da tritt Gott aus seiner Verborgenheit und Verschwiegenheit heraus und handelt an uns und durch uns. Wir werden ein Teil seiner Bewegung. Wir sind in dieser Welt seine Werkzeuge, seine Botschafter, die zum Fest Gottes einladen. Das Bethaus Gottes ist dort, wo Gott und die Menschen zusammen gehören, miteinander reden und füreinander da sind.

     Was unserem Gott durch den Sündenfall verloren gegangen ist. Das lässt ihm keine Ruhe. Da ist er unermüdlich am Werk, bis er in der Neuschöpfung wieder von uns Menschen Besitz ergriffen hat. Epheser 2,10: „Wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen und dürfen.“ Das ist mit der Besitzergreifung Gottes gemeint.

 

     So nehmen das Unheil und das Heil ihren Lauf. In das Unheil werden wir hinein geboren. So erleben wir vieles, was zum Weinen ist. Als Christen erleben wir so eine Art zweite Geburt, die Neugeburt, mit der wir in das Heil Gottes hinein geboren werden. Damit sucht uns Gott heim und ergreift Besitz von unserem Leben. Und wir erleben damit das größte Geschenk, das es gibt: die Heimat bei Gott mit dem Recht der Gottes Kindschaft.