MARKUS 4,26-29;   PREDIGT:

 

 

„ Jesus sprach: Mit dem Reich Gottes ist es so, wie wenn ein Mensch Samen aufs Land wirft und schläft und aufsteht; Nacht und Tag; und der Same geht auf und wächst, - er weiß nicht - , wie. Denn von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm, danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Wenn sie aber die Frucht gebracht hat, so schickt er alsbald die Sichel hin; denn die Ernte ist da. "

 

Stimmen wir der biblischen Aussage zu: Herr, das Gesetz deines Mundes ist mir lieber als viel tausend Stück Gold oder Silber ?! (Ps 119,72) Sagen auch wir wie Zinzendorf: Mir ist es nicht um tausend Welten, aber um dein Wort zu tun ?! (EKG 438,1) In diesem Gleichnis von der selbstwachsenden Saat geht es ganz genau um diese unsere Einstellung. Die Gemeinde Jesu wächst unscheinbar, aber doch stetig und gewaltig. Obwohl das uns von Gott Anvertraute ins Erdreich hinein stirbt, tut sich gerade dadurch etwas total Neues auf, das zum ewigen Leben reifen darf. Obwohl es kaum attraktiv ist, ist es doch nicht aufzuhalten.

Aufbau Ost? Weiterbau West? Immer steigendes Wirtschaftswunder, ohne Stagnation und Rückschläge? Natürlich sind diese Anliegen nicht unwesentlich. Aber wir Christen haben darüber Wesentlicheres im Blickfeld.

Vorwärtskommen im Berufsleben? Aufbau eines Familienstandes? Erklimmen der Erfolgsleiter? Das alles dürfen wir nicht auf die leichte Schulter nehmen und dies nie als Nebensächliches abtun. Aber wir Christen haben einen wesentlich größeren Auftrag, der darüber steht: Die Bestellung des Acker Gottes.

Nur die missionarisch, die volksmissionarisch ausgerichtete Gemeinde erlebt die Kraft des Wortes Gottes, das Wunderhandeln Gottes. Im Römerbrief steht: Gott ruft dem, was nicht ist, dass es sei. Gottes Wort lässt aus unserem Nichts, aus unseren kümmerlichsten Anfängen seine Königsherrschaft wachsen und reifen. Er gibt das Gedeihen und schenkt ein gewaltiges, gutes Ende. Und was Gott tut, ist ja nicht aufzuhalten; das ist dem Zugriff menschlicher Arroganz total entzogen.

Die Gottesherrschaft kommt sicher. Menschen können das weder verhindern noch beschleunigen. Aber wir können uns ganz hineinstellen, mit hinein nehmen lassen.

Meines Erachtens geht es bei diesem Predigttext um die Frage: Was ist beim Bau des Reiches Gottes sein eigenes Werk und was ist unser Werk? Das Heilshandeln Gottes ist etwas total Eigenständiges. Es hat einen total eigenen Rhythmus. Uns Menschen ist das zuerst einmal total fremd. Es gibt viele, die meinen, Gott, - so wie ein Pferd - , vor den Karren ihres Lebens spannen zu können. Aber solche Menschen sind auf der falschen Fährte. Dieser Weg führt nicht zum Ziele Gottes. Gott geht uns zwar voran, - das stimmt schon - , aber nicht auf unseren Wegen, nach unseren Wünschen und Vorstellungen. Da müssen wir uns schon die Mühe machen, nach Gottes Vorstellungen, nach seinem Worte zu leben. Wir bezeichnen das mit Nachfolge, mit der wir uns von Gott führen und leiten lassen. Nur dann nimmt uns Gott in sein Heilshandeln mit hinein. Dann lässt uns Gott nicht umsonst zappeln, sondern wir erleben seine Wunder, seinen Reichtum und seine Größe.

Unser Glaube ist ja letztlich das große Geschenk Gottes. Und was wir im Glauben beginnen, das wird von Gott auch zum guten Ende geführt. Das kann nicht im Chaos, im Unheil oder in einer Katastrophe enden, sondern im Segen Gottes mit dem Geschenk des ewigen Lebens. Wo uns Gott mitarbeiten lässt und dabeihaben will, da gibt es auch gute Früchte, eine gewaltige Ernte; das kommt ans wahre Ziel.

Schauen wir die Sache Gottes niemals aus einem ängstlichen, kleinlichen, kleinkarierten Blickwinkel an, sondern gehen wir mit Freuden und Elan und Zuversicht die Wege Gottes.

Wenn Gott einen jungen Menschen in die Nachfolge ruft, dann macht er keinen Trottel aus ihm, der so wie ein Dackel seinem Herrn hinterherläuft. Sondern er macht aus ihm einen verantwortungsbewussten Menschen, der sich von diesem Wege durch nichts mehr abhalten lässt, und dessen Leben von Gott reich gesegnet wird.

In diesem Gleichnis ist von einem Acker die Rede, auf den der Same geworfen wird, der aufgeht und Frucht bringt. Dadurch kommt es dann auch zur Ernte.

Die Gemeinde, - die wahre Gemeinde - , ist wie ein großes Ackerfeld. Der sog. moderne Mensch geht nun über dieses Ackerfeld und sieht nach unten. Da sieht er die harte Kruste, die Quecken, die Folgen der Umweltverschmutzungen, die Erosionen usw.; eben die vielen Unmöglichkeiten der Gemeinde Jesu. Der Christ geht über dasselbe Ackerfeld. Er dagegen blickt nach oben, zu Gott. Gott ruft ihn, er beruft ihn, und er gibt ihm dieses Saatgut in die Hände. Daraufhin bestellt er diesen Acker und streut diesen Samen aus. Und er erlebt diese selbstwachsende Saat, ein Gotteswunder nach dem anderen, und darf dann bei der Ernte dabei sein.

Die Vorgänge dieser sichtbaren Welt können wir verfolgen, kontrollieren und uns verständlich machen. Jesus will uns aber das erklären, was für uns nicht nachvollziehbar ist; was von oben kommt. Es gibt eben vieles, was sich nicht aus dem Spiel der kreatürlichen Kräfte und aus den Entwicklungen der Menschheitsgeschichte erklären lässt. Es ist das Geheimnis Gottes, das uns Jesus erschließen will. Auch seine verborgene Gegenwart ist Wirklichkeit.

Haben nicht auch wir oft die Frage: Tritt das jemals ein, was uns Jesus sagt? Setzt sich jemals das Reich Gottes durch? Klagen wir nicht oft über bedrückende Erfahrungen, leere Kirchenbänke, spürbare Gegensätze; über die vielen Menschen, die ihr Heil ohne Gott suchen? Jesu Angebot und Leben findet in dieser Welt so wenig Resonanz. Aber das sind die Anfechtungen, die überwunden werden dürfen. Der Glaubende, der Gehorsame erlebt etwas anderes, er erlebt den geöffneten Himmel Gottes.

Dieser Text hat 2 klare Hauptteile: 1) Das Werk Gottes und 2) Unser Werk.

 

1) Wenden wir uns zuerst dem Werk Gottes zu: Was hier geschieht, das geschieht automatisch. Vers 27f: Der Same geht auf und wächst, der Mensch weiß nicht wie. Denn von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst den Halm. danach die Ähre, danach den vollen Weizen in der Ähre. Auch heute ist das Reich Gottes noch nicht fertig. Noch wächst es. Und wir in unserer heutigen Zeit stehen in einer ganz bestimmten Phase dieses Wachstums.

Für uns Christen ist das ganz wichtig zu wissen: Gott hat mit uns einen Plan, den er auch ausführt. Es steht das göttliche: "Ich will!" über unserem Leben. Nur ganz wenige Christen ahnen etwas vom Gesamtplan Christi. Aber jeder Christ darf wissen, was Gott mit ihm vorhat. Hier dürfen wir uns von Gott führen und leiten lassen. Und jeder darf vom Handeln Gottes überwältigt und fasziniert sein. Es sind zwar Überraschungen, aber freudige Überraschungen. Nur wenn wir Gott vorschreiben, wie er zu wirken und zu handeln hat; oder wir ihm ständig nach unseren eigenen Vorstellungen dazwischenfunken, dann sind es natürlich böse Überraschungen, die uns dann auch gewaltig enttäuschen.

Wir brauchen niemals die Angst zu haben, dass sich Gott nicht durchsetzen könnte. Er braucht uns nicht als seine Rechtsanwälte, seine Wirtschaftsbosse oder als seine Kriegsherren für einen heiligen Krieg. Wir handeln falsch, wenn wir meinten, Gott unter die Arme greifen zu müssen, irgend etwas arrangieren oder manipulieren zu müssen. Was Gott will, das geschieht von selbst, automatisch, unwiderstehlich, unbeirrbar und darüber noch sehr großzügig. Ja, sogar über Böse lässt er seine Sonne scheinen.

Mit Gott tritt ein gewaltiger Reichtum in unser kärgliches Leben herein; ein Reichtum, der unauslotbar, unmessbar und unerschöpflich ist. Wer diesen reichen Gott erlebt, der hat in jeder Lebenslage, auch in der scheußlichsten, volles Genüge.

Gottes Reich wächst aus Gottes eigener Kraft. Es setzt sich durch und kapituliert nicht. Es geht ganz still vor sich. Die Anfänge geschehen im Verborgenen. Und wenn es ans Tageslicht kommt und die Stürme toben, die Fröste oder Hitzeperioden kommen, so kann ihnen das nichts anhaben. Sogar die Krisenzeiten haben ihren Sinn. Sie sind Wegscheidungen, an denen wir uns für den rechten Weg entscheiden. Sie stellen Wachstumsknoten dar, die uns später sogar Halt und Stütze sind.

Gottes Reich kommt von selbst, automatisch. Das dürfen wir natürlich nicht falsch verstehen. Denn von Nichts kommt nichts. Es ist hier selbstverständlich gemeint, dass es von Gott kommt. Für uns Christen gibt es kein blindes Schicksal, sondern es wird uns von Gott geschickt. Für uns gibt es keinen irrtümlichen Zufall, einen glücklichen oder bösen. Sondern Gott lässt uns alles zufallen.

Auch ist Gott kein Automat, in den man Geld hineinwirft oder den wir nach unseren Vorstellungen programmieren, und nun gibt er das, was wir gebrauchen können. Gott bleibt schon die Autorität ersten Ranges. Und was "er" will, das kommt nur dann von selbst, automatisch, wenn auch wir das wollen, was er will; wenn unser Wille in seinem Willen ruht.

Kann da nicht in uns eine gewaltige Zuversicht reifen und wachsen, wenn wir wissen, dass Gott am Werke ist? Er will ja unser Leben für sein Werk benützen und gebrauchen.

Und Gott sei es gedankt, dass sein Reich aus eigener Kraft kommt. Gott sagt zu Paulus: Lass dir an meiner Gnade genügen, denn meine Kraft ist in den Schwachen mächtig. Natürlich will Gott keine Schwächlinge aus uns machen. Aber er weiß nur zu genau, dass wir eine schwache Kraft haben. Und weil Gottes Sache aus eigener Kraft kommt, ist unsere Schwäche nicht störend.

Gerade der, der das akzeptiert, dass Gott am Werke ist, gerade der darf einen zuversichtlichen Glauben haben mit Ruhe, Gelassenheit und gespannter Erwartung, auch in den größten Anforderungen dieses seines Lebens. Geduldig erwarten wir das Handeln und Wirken Gottes. Nur der Teufel hat wenig Zeit und wird ungeduldig und will diese Hektik auch auf uns übertragen. Aber Gott bringt eine Eselsgeduld auf, bis alle seine Tische voll werden, bis sein Haus voll wird und sein Plan verwirklicht wird. Auch wenn für ihn vieles in die Quere kommt, - dies ist allein unser Ungehorsam - ,  führt er seine Gemeinde zur Vollendung.

Gottes Werk geschieht automatisch, von selbst.

 

2) Was ist nun hierbei unser Werk? Es wäre total falsch, wenn wir meinten, wir wären zur Untätigkeit bestimmt. Gott will uns bei seinem Werk ganz dabei haben, als Werkzeug in seiner Hand. In Eph 2,10 ist das am besten ausgedrückt: Wir sind sein Werk, geschaffen in Christus Jesus zu guten Werken, die Gott zuvor bereitet hat, dass wir darin wandeln sollen. Wir sind zum Tun, zum Mittun aufgerufen.

Wir handeln nicht "damit" Gottes Herrschaft kommt, sondern "weil" Gottes Herrschaft kommt. Wir kennen keine unnötige Nervosität, kein Fracksausen, damit Gott kommen kann. Wir brauchen keine Programme und Aktionspläne entwickeln. Es genügt unsere Bereitschaft zum Mittun; unser Gehorsam.

Und Gott hat wohl Arbeit für uns. Arbeitslos werden wir dabei nie. Und jeder, der erst im späten Alter zum Glauben findet, wird mit dem Liedvers bekennen (254,3): Ach, dass ich dich so spät erkennet, du hochgelobte Schönheit du, und dich nicht eher mein genennet, du höchstes Gut und wahre Ruh; es ist mir leid, ich bin betrübt, dass ich so spät geliebt! Je eher wir unser Leben Gott zur Verfügung stellen, desto besser ist es. Jeden Tag, den wir unnütz verplempern, vertun, ist zu schade.

In diesem Gleichnis wird unser Tun mit der Aussaat und der Ernte verglichen. Schon zu Noah sagt Gott: Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte. Und das Ganze stellt ja in der Natur einen immerwährenden Kreislauf dar. Nur weil wir um den Tag der Ernte wissen, hat das Säen einen Sinn. Und wir können nur das aussäen, was vorher geerntet worden ist, was wir empfangen und bekommen haben. Niemals ist hier ein Produzieren aus uns heraus gemeint. Sogar das Saatgut empfangen wir von Gott.

Hier dürfen wir die Speisung der 5000 als Beispiel nehmen: Jesus nahm die 5 Brote und 2 Fische der Jünger und machte daraus sehr viel. Was wir tun und bringen können ist oft sehr kümmerlich und gering. Und doch wartet Jesus darauf, dass wir es bringen, dass wir das Unsere tun.

Wer etwas aussäen will, der muss vorher den Acker bereiten und bestellen. Und weil die Gemeinde das Ackerfeld Gottes ist, gilt ihr unsere ganze Aufmerksamkeit und unser Hauptaugenmerk. Es sind viele Vorbereitungen und Aufgaben nötig, damit etwas ausgesät werden und dann auch wachsen kann. Vieles ist nötig, dass es getan wird. Da müssen alle zusammen helfen und da darf keiner ausscheren oder gar quer stehen. Da kann nicht jeder seinen eigenen Kopf durchsetzen, sondern da gilt es, am gleichen Strick zu ziehen. Alle anderen Aufgaben gilt es da eine zeitlang zurück und hinten an zu stellen.

Mit der Aussaat des Samens ist die Verkündigung und das Zeugnis des Wortes Gottes gemeint. Hier sind alle Christen angesprochen. Jeder Christ ist auch ein Missionar. Unser Missionsfeld liegt vor unserer Haustüre. Beim Verlassen unseres Hauses darf uns das bewusst sein. Bringen wir den Mut auf, unseren Mund zum Zeugnis für das Handeln Gottes aufzutun. Schlagen wir überall in kühner Weise einen Bogen zur Botschaft Jesu. Machen wir unseren Zeitgenossen Christus bekannt. Seien wir Menschenfischer.

Wir können das uns von Gott Geschenkte und Anvertraute nicht für uns selbst behalten. Wir geben es weiter, wir streuen es aus. Dazu gibt uns Gott sehr vieles in die Hand und in den Mund.

Mehr brauchen wir bis zur Ernte nicht tun. Dass das Ausgestreute Wurzeln schlägt, aufgeht, wächst, standhaft bleibt und zur Frucht kommt, das tut Gott.

Aber dann kommt der Tag der Ernte, bei der wir wieder mitarbeiten dürfen. Und das ist dann etwas Fröhliches und Freudiges, denn damit erfahren wir, dass nichts umsonst war.

Wir ernten nicht in unser eigenes Lager, sondern in das Lager Gottes. Es darf unsere größte Freude sein, - und sehr töricht sind die Menschen, die hier neidisch sind - , dass andere Menschen zu vollmächtigen Zeugen Jesu Christi werden.

Übersehen wir diesen Augenblick, diese Stunde der Ernte nicht. Es ist wichtig, die Ernte zur rechten Zeit einzubringen. Manche scheuen sich vor der Ernte, weil dann wieder neu ausgesät werden muss. Aber das ist auch unter uns Christen dieser Kreislauf, der gilt, solange die Erde steht. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Aber das gilt eben nur, solange diese Erde steht. Das Bild der Ernte will auch verdeutlichen, dass Gott seine Gemeinde zur Vollendung führt. Einmal hat das Wachsen und Reifen ein Ende. Einmal wird dieser Kreislauf durchbrochen.

Auch dann ruft uns Gott zur Ernte. Jesus sagte zu seinen Jüngern: Dann werdet ihr mit auf dem Richterstuhl Christi sitzen und den Erdkreis richten.

 

Gott hat mit uns Menschen einen Plan, den er ausführt und er will uns da ganz mit hinein nehmen. Die Gemeinde Jesu wächst unscheinbar, aber doch stetig und gewaltig. Sehen wir täglich das auch als das wichtigste Ziel unsres Lebens an. Seien wir zur Mitarbeit bereit, zur Bestellung des Gottes- Ackers.

Herr, dein Wort, die edle Gabe, diesen Schatz erhalte mir; denn ich zieh es aller Habe und dem größten Reichtum für. Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll mein Glaube ruhn? Mir ist nicht um tausend Welten, sondern um dein Wort zu tun.