JOHANNES 16,23b-28.33;  PREDIGT:

 

„ Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er's euch geben. Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei. Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Zeit, dass ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten will; denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin. Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater.

Das habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. “

 

Dr. Martin Luther sagte: Neben der Predigt ist das Gebet das zweitwichtigste Amt der Kirche Jesu Christi! Und dieses Gebet will natürlich gelernt sein, praktiziert werden. Die Predigt zeigt uns den Weg zu Gott. Das Gebet ermöglicht uns das Sein bei Gott, den Aufenthalt im Vaterhaus Gottes, den persönlichen Umgang mit Gott. Ja die Predigt wird erst durch das Gebet ermöglicht. Denn erst damit erlebe ich etwas mit unserem Gott, von dem ich dann ein Zeugnis abgeben kann.

Im Gebet bekomme ich das Gespür dafür, was es mit Gott auf sich hat. Und dafür ist wiederum Jesus Christus ganz wesentlich. Denn nur er zeigt uns den rechten Weg zu Gott, den er uns durch seine Erlösung ermöglicht hat. Ohne Jesus Christus hätten wir niemals diese starke Verbindung zu Gott. Ohne ihn würden wir immer wieder Gott falsch verstehen, seine Anliegen missdeuten, falsch auslegen.

Was hier im Text als Gebet gemeint ist, das bezeichnet man als das immerwährende Gebet; 1. Thessalonischer 5,17: Betet ohne Unterlass! Damit sind nun weniger unsere Gebetszeiten gemeint, die wir auch kennen und praktizieren. Sondern im ganz gewöhnlichen Alltag haben wir die Möglichkeit der ständigen Rückkopplung zu Gott. Wenn wir dies mit einer Telefonleitung vergleichen, dann ist diese nie besetzt, sondern immer frei. Wenn wir es mit einem Firmenschef vergleichen, dann haben wir zu ihm immer freien Zugang und werden nie von Vorzimmer- Damen oder - Herren abgewimmelt. Wir haben den vollen Zugang.

Was wäre diese Welt ohne Jesus Christus? Manche leben auf der Sonnenseite des irdischen Lebens. Der große Rest lebt auf der Schattenseite. Jesus ermöglicht, dass alle Menschen, egal welchen Standes, Berufes, welcher Rasse oder Klasse sie angehören, die wahre Erfüllung erleben dürfen. Da ist es egal, wo wir äußerlich stehen und was wir täglich erleben. Da macht es nichts aus, ob wir es im Leben weit oder nicht weit gebracht haben. Denn gerade fürs Gebet gilt, dass wir nicht etwas vorweisen oder leisten müssen, sondern wir uns reich beschenken lassen dürfen.

Die bestmögliche Bewältigung unseres Lebens geschieht durchs Gebet. Denn damit sind wir nicht mehr auf uns alleine gestellt, sondern da erfahren wir die Fürsorge Gottes, die Hilfe dessen, der der Höchste, Größte und Beste ist. Und Gott meint es immer gut mit uns. Er vermittelt uns den besten Weg zur Bewältigung unseres Lebens, auch dann, wenn sich viele Miseren auftun. Im Gebet erschließen wir uns den ganz speziell für uns zugedachten Weg Gottes.

Da gilt es dreierlei zu bedenken: 1) Im Namen Jesu beten. 2) Dabei erleben wir, dass uns Gott über Bitten und Verstehen gibt. 3) Damit überwinden wir die Welt.

 

1) Im Namen Jesu beten, denn er besitzt die höchste Vollmacht, die es überhaupt gibt. Nicht einmal die Juden, das Volk Gottes, kennen diesen freien Zugang dazu. Noch weniger kennen es die Religionen und Sekten. Nur wir Christen haben durch Christus diesen freien Zugang zu Gott.

Was bedeutet es schon im menschlichen Leben, wenn man sagen darf: Ich komme im Namen meines Chefs! Oder wenn wir Besuchsdienste machen: Ich komme im Namen unserer Kirche! So kann man auch sagen: im Auftrag meines Chefs oder unserer Kirche!

Ich darf im Namen Jesu, im Auftrag Jesu beten. Jesus ist der höchste Chef, er ist der Herr unserer Kirche. Er allein hat im Himmel und auf Erden alle Macht. Er gibt uns die Erlaubnis, zu Gott kommen zu dürfen; mit ihm wie ein Kind zum Vater beten, reden und Verbindung knüpfen zu dürfen.

Das gilt für alle unsere ganz persönlichen Anliegen. Aber das gilt auch für alle unsere Dienste und Aufgaben, die wir haben. Auch sie wollen in solchem Gebet vorbereitet und getan, bewältigt sein.

Jesus ist unser gewaltiger Vermittler. Er vermittelt, ermöglicht uns vieles, was sonst nicht möglich wäre. Was unternehmen Menschen nicht alles, um ein höheres Lebensziel zu bekommen mit Meditationstechniken und manchen Sinnerforschungen, z.B. vermittelt durch New Age, Sekten und Gurus. Manche stürzen sich da in Drogen und Räusche, um einen besondern Kick zu erleben. Als Christen haben wir all das nicht nötig. Durch unseren einfältigen Glauben an Jesus Christus kommen wir in den vollen Genuss dessen, was Jesus in harter Arbeit und vollem Einsatz für uns erworben hat. Wenn wir ihn ernst nehmen, sind wir voll dabei. Und die Erlebnisse, die wir dabei haben, sind keine Kurztripps, Kurzerlebnisse, sondern es darf ein Dauerzustand der gottgewirkten Seligkeit sein.

Da haben wir keine Beziehungsprobleme. Denn Jesus ermöglicht uns das. Unter dieser Vollmacht Jesu entwickelt sich unser Leben in bester Weise zu den größtmöglichen Idealen und zu Originalen. Denn unser Leben trägt seine Unterschrift, seine Gesichtszüge. Sein Antlitz kommt uns ganz nahe. Sein Himmelreich ist inwendig in uns. Das ist die höchstmögliche Motivation, Prägung und Vollmacht, die es gibt. Wohl dem, der im Namen Jesu lebt und betet.

 

2) Gott gibt über Bitten und Verstehen. Im Text steht: Was wir Gott im Namen Jesu bitten, das wird er uns geben. Und was wir dabei nehmen, dadurch wird unsere Freude vollkommen! Dadurch besitzen wir die höchsten Schätze und Reichtümer, die es gibt. Man könnte sagen: Gott lässt sich nicht lumpen. Er ist nie karg oder geizig. Und er weiß, was für uns gut und richtig ist. Somit korrigiert er sogar unsere vielleicht törichten und falschen Bitten. Es gehört große Weisheit dazu, und dazu dient auch unser Gebet, das Richtige zu erkennen, das gut für uns ist. Somit dient unser Gebet auch zur Klärung dessen, was zur Zeit richtig und dran ist. Was wir dabei erkennen, darum dürfen wir dann bitten. Das erfüllt Gott wahrhaftig über Bitten und Verstehen.

Welche Schätze und Reichtümer ersehnen wir uns und sammeln wir? Wollen wir rein äußerlich das schönste und reichste Leben haben? Trachten wir nach dem, das uns die Medien in den schillernsten Farben zeigt? Da gibt es zwar eine breite Palette von verschiedensten Begehren, Wünschen und Zielen. Aber was uns dabei versprochen wird, das erfüllt sich nur zum Teil, wenn überhaupt. Da wird uns vieles vorgegaukelt, was mehr Phantasie als Wirklichkeit ist.

Egal, wo wir uns befinden und was wir zur Zeit sind und darstellen. Gott betrügt uns nie. Er hat für uns Schätze und Reichtümer bereit, die uns wahrhaftig bis ins Innerste hinein erfüllen und befrieden. Das sind zuerst einmal innere Werte, die dann auch auf unser Äußeres durchschlagen. Paulus bezeichnet diese in Galater 5 als die Früchte des Geistes, die da sind: Liebe, Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Keuschheit. Das sind Schätze und Reichtümer, die uns niemand mehr nehmen und uns keine Situation rauben kann. Das macht unser Leben fest, stark, kräftig und doch geschmeidig. Die ganze Heilige Schrift zeugt davon, ist uns dafür Wegweisung und zeigt uns die verschiedensten Arten der Überwindung, um zu solchen Schätzen und Zielen zu gelangen.

Zusätzlich gilt, und das gehört mit dazu, dass mit dem reichen Segen Gottes auch uns immer Gottes Schutz und Bewahrung geschenkt wird. Nichts kann uns mehr aus der Bahn Gottes werfen. Was uns Gott einmal anvertraut hat, das bewirkt in uns den Ewigkeitsbezug, der uns durch alle Situationen hindurch trägt.

 

3) Folgerichtig sind wir damit bei Punkt 3: Wir überwinden die Welt und besitzen damit die höchst mögliche Schaffenskraft. Zuerst heißt es hier: In der Welt habt ihr Angst! Auch wir kennen diese Angst, all die Nöte, die Lieblosigkeiten, den Streit, den Hass, die Boshaftigkeiten, die uns überfallen. Das will uns äußerlich und innerlich bedrängen und bedrücken. Aber Gott gibt uns daraus die Überwindung: In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden! Bei der Beschäftigung mit dem Text der Feindesliebe stieß ich einmal auf eine merkwürdige und aussagekräftige Stelle aus Jesaja 50,7. Vorher wird von vielen Bedrängnissen und Gemeinheiten gesprochen. Und dann heißt es: Ich habe mein Angesicht hart gemacht wie einen Kieselstein. Denn Gott, der Herr, hilft mir. Darum weiß ich, dass ich nicht zuschanden werde. Überspitzt könnte man sagen: Wenn mich jemand ins Gesicht schlägt, dann tut es nicht mir weh, sondern ihm, weil ja mein Angesicht hart wie ein Kieselstein ist. Da ist nun nicht der Selbstgerechtigkeit das Wort gesprochen. Damit wäre das falsch verstanden. Sondern da ist die Gottesruhe angesprochen, die mir Gott ins Herz schenkt. Dafür ist im Hebräerbrief das ganze 4. Kapitel gewidmet. Da heißt es, dass uns gerade Gottes Wort und der Hohepriester Jesu dies vermittelt und bewirkt.

Damit praktiziere ich nicht mehr: Wie du mir, so ich dir, das sich oft zur Blutrache hochschaukelt. Sondern wir haben die Kraft, dem Bösen das Gute dagegen zu setzen; Römer 12,21: Wir überwinden das Böse mit Gutem! So haben wir Besseres und Wichtigeres zu tun, als Vergeltung zu üben und zu praktizieren. Gott beteiligt uns ja am Aufbau seines Reiches. Damit ist ein schöpferisches Arbeiten verbunden, von dem wir uns nicht abhalten lassen müssen. Diese Kraft der Überwindung ist immer die bessere Kraft. Das ist eine Art der Sublimation. Würde ich mich auf das Böse konzentrieren, dann verfange ich mich darin und gehe unter. Wenn ich mich dagegen auf den Auftrag Gottes ganz konzentriere, den mir Gott gegeben hat. Dann darf und kann ich damit indirekt das Böse überwinden, für das ich dann überhaupt keine Zeit und Kraft habe. Das ist für mich Sublimation.

Ich sage gerne, dass jeder von Gott seinen ganz persönlichen Lieblingsauftrag bekommen hat, so wie auch jeder seine ganz persönliche Lieblingssünde besitzt. Der Kampf gegen diese Sünde geschieht nur dann positiv, wenn ich mich ganz auf den Lieblingsauftrag konzentriere. Dann überwinde ich in rechter Weise die Ängste dieser Welt und kann ganz getrost leben. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden!

 

Unser Gebet im Namen Jesu ermöglicht uns den Aufenthalt im Vaterhaus Gottes. Da erlebe ich die höchste Vollmacht, die es überhaupt gibt, in Jesus Christus. Da reicht mir Gott über Bitten und Verstehen alles dar, das ich zum Leben benötige. Da überwinde ich in der Weise diese Welt, weil mich Gott am Aufbau seines Reiches beteiligt und er mir die höchst mögliche Schaffenskraft verleiht. Ohne Jesus Christus wäre alles sinnlos gelebt. Mit ihm gelingt uns das ganze Leben.