Die
Gleichnisse Jesu
Jesus
spricht: „Ich bin die Türe! Wenn jemand durch mich hineingeht, wird er selig
werden.“ (Johannes 10,9)
Ein
Kirchenvater: „Die einzige Neuigkeit des Tages ist der Ewigkeitsanfang in Jesus
Christus!“
Im ersten Gebot
heißt es, dass wir uns von Gott kein Bildnis machen sollen. Denn das klappt
sowieso nicht. Wir würden uns ihn total falsch vorstellen. Das ist auch nicht
nötig, denn Jesus zeigte uns, was es mit Gott auf sich hat; Johannes 12,45: „Wer mich sieht, der sieht den, der mich
gesandt hat!“ Das genügt uns.
Anders
verhält es sich mit dem Reich Gottes, in das wir uns einbinden lassen dürfen.
Dafür zeigt uns Jesus mit vielen Bildern und 41 Gleichnissen, wie wir am Reich
Gottes und dem Erbe Jesu Anteil bekommen können.
Jesus
vermittelt den Zugang zum Reich Gottes:
Er gibt
uns überraschende Einblicke in die Herrschaft Gottes. Er will uns in dieses
Neue einbeziehen. Die 41 Gleichnisse sind ein Stück Urgestein der
Überlieferung. Sie führen uns auf Schritt und Tritt in die Frohbotschaft Jesu
hinein. Der Bildstoff ist dem palästinischen Leben entnommen.
Er zeigt
uns, worauf es in dieser Richtung ankommt. Er verwendet die Gleichnisse gezielt
für seine Verkündigung. Er erzählt die Gleichnisse sehr volkstümlich, bildhaft
und anschaulich. Die Natur und die Menschen bieten ihm eine Fülle von
schlagkräftigem Vergleichsmaterial. Die Gleichnisse versuchen mit den uns
bekannten Alltagserfahrungen eine Beziehung zum normalerweise uns unbekannten
Reich Gottes zu knüpfen. Diese Neue Welt wird in unsere Alte Welt hinein
gezeichnet. Durch sie macht Jesus einsichtig, was sonst nur schwer zu verstehen
wäre. Mehrfach ruft Jesus zur Klugheit und Wachsamkeit, zur Barmherzigkeit und
Besonnenheit auf. So sind die Gleichnisse Jesu ein ganz zentraler und wichtiger
Teil der christlichen Überlieferung.
Gott lässt
nicht ab, uns in seine Nachfolge und sein Reich zu rufen. Oft kommt in den
Gleichnissen die barmherzige Güte Gottes als ein überraschendes Handeln zur
Sprache. Gleichzeitig weisen die Gleichnisse darauf hin, dass sich zukünftig
die Gottesherrschaft vollenden wird. Die Geheimnisse der Gleichnisse sind
letztlich Gottes eigene Geheimnisse. Die Gleichnisse drücken die große
Zuversicht aus, dass die Gottesherrschaft im Kommen ist.
Dadurch
öffnet uns Jesus die Türe zum Reich Gottes, - ja er selbst ist diese Türe.
Jesus ruft uns zum Vertrauen auf Gott. Er stellt die zerstörte Gemeinschaft
zwischen Gott und uns wieder her. Seine Botschaft ist vor allem die
Verkündigung des anbrechenden Gottesreiches, das uns sehr nahe gekommen ist.
Deshalb lädt er uns ein, sein Heilsangebot freudig anzunehmen und ihm
nachzufolgen.
Es lohnt
sich für uns, darauf einzugehen:
Jesus
betont, dass es sich lohnt, auf Gottes Heilshandeln einzugehen, es mit großer
Freude entgegen zu nehmen und sich ihm mit der ganzen Existenz anzubefehlen. Er
sagt: Gott selber freut sich, wenn wir uns ihm anvertrauen.
Weil das
für uns normalerweise etwas total Fremdes ist, brauchen wir Bilder und
Gleichnisse, um hierzu einen Zugang zu bekommen. Bilder prägen sich dem
Gedächtnis fester ein als ein abstrakter Stoff. Es geht nie darum, dass wir
alles kapieren, was mit dem Reich Gottes zu tun hat. Sondern es geht darum,
dass wir den Zugang zum Reich Gottes haben. Bei Gott gelten andere Maßstäbe,
als sie sonst in unserer Welt gelten. Da bekommen auch die eine Chance, die
sonst keine haben. Dadurch können sie hoffen und befreit leben. So gibt es bei
Gott ein anderes Verständnis von Zeit, Leistung und Gerechtigkeit.
Durch ihn
erspüren und verstehen wir die Botschaft vom nahen Reich Gottes. So können wir
mit dem, das uns so vertraut ist, den Zugang zum Reich Gottes finden und gehen.
Damit gewinnen wir an dieser für uns neuen Wirklichkeit wesentliche Anteile.
Der Heilige Geist vermittelt uns von der seligen Ewigkeit Gottes eine
wesentliche Vorauszahlung, Erstlingsgabe und einen Vorschuss. So führen die
Gleichnisse zu immer neuen Entdeckungen und Zugängen für unseren Glauben und zu
der Person Jesus Christus, der – jedenfalls für uns praktizierende Christen gesehen
– im Himmel und auf Erden alle Macht inne hält.
Für uns
ist das ein gottgewollter Genuss, diese Maßstäbe und Größen erleben zu dürfen,
auch wenn es noch nicht greifbar und sichtbar, aber doch im Verborgenen
erlebbar ist.
Sie rufen
uns zur Entscheidung:
Die
positive Entscheidung besteht darin, dass wir dieser Botschaft glauben, sie
annehmen und wir uns zur rechten Nachfolge einfinden.
So wie die
Wunder Jesu von vielen bezweifelt wird, so werden auch die Selbstsicheren von
den Gleichnissen nicht überzeugt, sondern sie stehen dazu im kräftigen
Widerstreit. Es ist eben ein entscheidender Glaubensschritt nötig, wenn wir mit
sehenden Augen recht sehen und mit hörenden Ohren recht hören wollen. Ein noch
so überzeugendes Wunder oder Gleichnis erspart uns nicht den Schritt der
Bekehrung, der Hinkehr zu Gott. Dieser Schritt ist immer gefordert, wenn vom
Reich Gottes die Rede ist.
Gebrauch der
Gleichnisse:
Ein
Gleichnis ist eine bildhafte Rede, die einen bestimmten Zweck verfolgt. Jedes
Gleichnis läuft auf eine ganz bestimmte Pointe (Aussage) hin. Bei einem Witz
bewirkt das das Lachen. Bei einem Gleichnis bewirkt es unsere selige Ewigkeit.
Jedes Gleichnis erzählt Jesus mit einer ganz bestimmten Absicht. Diese Absicht
(Skopus) gilt es heraus zu finden. Hat man den Zielpunkt erfasst, dann kann man
die übrigen Erzählungselemente beiseitelegen, so wie man bei der Fertigstellung
eines Hauses das nicht mehr benötigte Gerüst weg nimmt. Viele Gleichnisse haben
einen offenen Schluss. Das veranlasst uns, hier weiter zu denken und uns
positiv in diese neue Wirklichkeit hinein zu stellen. Wir werden eingeladen,
uns mitzufreuen, mitzuhoffen, und uns mittrösten zu lassen.
Bei jedem
Gleichnis benötigen wir eine klare Vorstellung der damaligen Situation und
Gepflogenheit. Man fragt sich: Wer sind die Hörer und in welcher Situation
erzählt das Jesus?
Ein paar
Bibelstellen:
Jesaja
6,9f: Geh hin und sprich zu diesem Volk: Höret und versteht´s nicht; sehet und
merket´s nicht! Verstocke das Herz dieses Volkes und lass ihre Ohren taub sein
und ihre Augen blind, dass sie nicht sehen mit ihren Augen noch hören mit ihren
Ohren noch verstehen mit ihrem Herzen und sich nicht bekehren und genesen.
Matthäus
5,3: Selig sind, die geistlich arm sind, denn das Himmelreich ist ihr.
Matthäus
7,13f: Geht hinein durch die enge Pforte. …. Die Pforte ist eng und der Weg
schmal, der zum Leben führt, und wenige sind´s, die ihn finden.
Matthäus
13,16f: Selig sind eure Augen, dass sie sehen, und eure Ohren, dass sie hören.
Wahrlich, ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt, zu sehen,
was ihr seht, und haben´s nicht gesehen, und zu hören, was ihr hört, und
haben´s nicht gehört.
Markus
4,11f: Euch ist das Geheimnis des Reiches Gottes gegeben; denen aber draußen
widerfährt es in Gleichnissen.
Markus
10,15 positiv: Wer das Reich Gottes empfängt wie ein Kind, der wird hinein
kommen.
Lukas
17,21: Siehe, das Reich Gottes ist mitten unter euch.
Johannes
3,5 positiv: Wahrlich, wahrlich, ich sage dir: Wenn jemand aus Wasser und Geist
geboren wird, der kommt in das Reich Gottes.
Römer
1,20: Gottes unsichtbares Wesen, das ist seine ewige Kraft und Gottheit, wird
seit der Schöpfung der Welt ersehen aus seinen Werken, wenn man sie wahrnimmt,
sodass wir keine Entschuldigung haben.
Epheser
2,19: So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Mitbürger der
Heiligen und Gottes Hausgenossen.
Philipper
3,20: Unser Bürgerrecht ist im Himmel.
Die
verschiedenen Arten der Gleichnisse kann man nicht immer streng trennen. 4
Gattungen:
a) Gleichnis im engeren Sinn (Bildwort):
Dies waren damals alltägliche
Vorgänge. Da gibt es eine Bild- und Sachhälfte, durch ein „Bild“ wird eine
„Sache“ (die Gottesherrschaft) verdeutlicht. Die Bildhälfte will nur einen Hilfsdienst
leisten, damit wir Jesu Anliegen recht verstehen.
-1-
Sauerteig (Matthäus 13,33; Lukas 13,20f)
-2/3-
Verlorenes Schaf / Groschen (Matthäus 18,12f; Lukas 15,4ff)
-4-
Senfkorn (Matthäus 13,31f; Markus 4,30-32; Lukas 13,18f);
-5-
Vater gibt gute Gaben (Lukas 11,11-13)
b) Parabel: Sie sind frei erfunden; dazu gehören die Mehrzahl der
Gleichnisse. Sie haben einen einzigen, ganz bestimmten Zielpunkt (Skopus,
Pointe).
-6-
Verlorener Sohn (Lukas 15,11-32)
-7-
Schalksknecht (Matthäus 18,23-33)
-8-
Der unehrliche Verwalter (Lukas 16,1-8)
-9- Das große Abendmahl (Lukas 14,15-24)
-10-
Arbeiter im Weinberg (Matthäus 20,1-16)
-11-
Kluge und törichte Jungfrauen (Matthäus 25,1-13)
c) Beispielerzählung: Diese benötigen keine Übertragung. Sie bringt eine
„Sache“ durch einen Musterfall direkt zur Sprache.
-12-
Barmherziger Samariter (Lukas 10,25-37)
-13-
Kornbauer (Lukas 12,16-21)
-14-
Reiche Mann und armer Lazarus (Lukas 16,19-31)
-15-
Pharisäer und Zöllner (Lukas 18,9-14)
d) Allegorie: Zug um Zug, Person um Person wird mit der
Wirklichkeit unseres Lebens gleichgesetzt, übertragen. Das kann aber bei
manchen Gleichnissen zu schweren Missdeutungen führen. Sie sind nicht für die
Gegner, sondern für die Eingeweihten gedacht. Dazu gehören sehr wenige
Gleichnisse.
-16-
Königliche Hochzeit (Matthäus 22,1-14)
-17-
Vierfaches Ackerfeld (Matthäus 13,3-23; Markus 4,1-20; Lukas 8,4-15)
-18-
Unkraut und Weizen (Matthäus 13,24-30)
e) Weitere Gleichnisse:
-19-
Weltgericht (Matthäus 25,31-36)
-20-
Anvertraute Talente / Pfunde (Matthäus 25,14-30; Lukas 19,12-27)
-21/22-
Schatz im Acker / kostbare Perle (Matthäus 13,44-46)
-23-
Böse Weingärtner (Matthäus 21,33-41; Markus 12,1-9; Lukas 20,9-16)
-24-
Bittender Freund (Lukas 11,5-8)
-25-
Fischnetz (Matthäus 13,47-48)
-26-
Zwei ungleiche Söhne (Matthäus 21,28-31)
-27-
Selbstwachsende Saat (Markus 4,26-29)
-28-
Feigenbaum (Lukas 13,6-9)
-29-
Mahnung zur Wachsamkeit (Matthäus 24,32f; Markus 13,28f; Lukas 21,29-32)
-30-
Ehrenplätze (Lukas 14,7-14)
-31-
Treuer Haushalter (Lukas 12,42-48)
-32-
Wachsame Knechte (Lukas 12,35-40)
-33-
Kosten überschlagen (Lukas 14,28-33)
-34-
Bittende Witwe (Lukas 18,1-8)
-35-
Knechtslohn (Lukas 17,7-10)
-36-
Zwei Schuldner (Lukas 7,41-43)
-37-
Licht unter dem Scheffel (Matthäus 5,14f; Markus 4,21f; Lukas 8,16;11,33)
-38-
Hausgrund (Matthäus 7,24-27; Lukas 6,47-49)
-39-
Flicken / Kleid (Matthäus 9,16; Markus 2,21; Lukas 5,36)
-40-
Wein / Schläuche (Matthäus 9,17; Markus 2,22; Lukas 5,37f)